Vier Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges. An der Ostseeküste lagert eine Wehrmachtseinheit. In Sichtweite davon besetzt ein russischer Spähtrupp ein Waisenheim. Beide Seiten sind des Kämpfens müde. Nur Peter, ein Dreizehnjähriger aus dem Heim, will noch immer sein Vaterland verteidigen. Erfolglos drängt er die deutschen Soldaten, das Waisenhaus zu befreien. Währenddessen nähern sich Russen und Heimbewohner/innen im Alltag an, und Peters Weltsicht gerät zunehmend aus den Fugen. Als das nachrückende russische Bataillon die friedliche Koexistenz entdeckt und dem Trupp Fraternisierung mit dem Feind vorwirft, kommt es zum Kampf in den eigenen Reihen.
Das packende Anti-Kriegsdrama zeichnet atmosphärisch dicht den schwebenden Zustand einer Übergangszeit nach. Aus der Perspektive des deutschen Jungen erzählt, steht im Zentrum der Handlung seine konfrontative Begegnung mit dem russischen Hauptmann, die nach und nach Züge einer Vater-Sohn-Beziehung bekommt. Die Vielschichtigkeit der Charaktere macht das Geschehen spannend und authentisch. Dazu trägt auch bei, dass die deutschen und russischen Schauspieler/innen jeweils in ihrer Muttersprache spielen (mit deutschen Untertiteln). Karge Dialoge, Blicke, Gesten und widersprüchliche Emotionen spiegeln die seelischen Verwüstungen des Krieges. Im Kontrast dazu stehen lichtdurchflutete
Panoramaaufnahmen einer frühlingshaften Natur, die auf Neubeginn drängt.
4 Tage im Mai beruht auf einer wahren Begebenheit: In den letzten Kriegstagen kämpfte ein russischer Spähtrupp gegen die eigenen Leute, um deutsche Frauen und Kinder zu retten. Dass sich die Wehrmachtseinheit dem angeschlossen hat, ist allerdings eine Vermutung. Anstatt Kampfhandlungen stellt der Film die vom Krieg gezeichneten Menschen in den Vordergrund und zeigt auf, dass Menschlichkeit eine Frage der persönlichen Entscheidung ist. Für den Unterricht liefert
4 Tage im Mai Anknüpfungspunkte, um über das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Sozialisierung von Jugendlichen im Krieg zu sprechen. In diesem Kontext lassen sich auch Konzepte von Heldentum und die Funktion von Feindbildern diskutieren. Stilistisch bietet der Film zudem eine interessante Basis für die Beschäftigung mit dem Kriegsfilm-Genre sowie mit stereotypen Darstellungsweisen von Deutschen und Russen im Film.
Autor/in: Kirstin Weber, 04.08.2011
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