Die Fitzgeralds gleichen einer Bilderbuchfamilie, bis ihre zweijährige Tochter an einer schweren Form von Leukämie erkrankt. Nachdem sämtliche Therapien erfolglos waren und Kate nur noch wenige Jahre zu leben bleiben, lassen die verzweifelten Eltern eine zweite Tochter im Reagenzglas zeugen, welche alle genetischen Voraussetzungen mitbringt, um ihrer älteren Schwester Blut, Stammzellen und Knochenmark zu spenden. Genau das geschieht dann auch, wobei die kleine Anna, von den Eingriffen abgesehen, in einem liebevollen Umfeld aufwächst. Als die Elfjährige ihrer Schwester jedoch eine Niere überlassen soll, versucht sie ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung einzuklagen.
Auf dem Papier klingt die Handlung dieser Verfilmung nach Jodi Picoults gleichnamigem Bestseller wie eine Versuchsanordnung, in der moralische Fragen melodramatisch zugespitzt werden. Dank zweier Kunstgriffe erscheinen die Konflikte auf der Leinwand jedoch ebenso lebensnah wie vielschichtig: Zum einen lässt Nick Cassavetes Gegenwart und Vergangenheit durch seine
Montage geschickt ineinander fließen, zum anderen melden sich sämtliche Familienmitglieder auch als Erzähler im
Off zu Wort und führen einen indirekten Dialog. Auf diese Weise kommen die Motive der einzelnen Figuren zu ihrem Recht. Trotz einiger dramaturgischer Schwächen und obwohl beinahe jede
Rückblende eine ergreifende Wendung nimmt, wirkt die gefühlvolle und auf vordergründige Schockmomente verzichtende Geschichte insgesamt glaubwürdig.
Einige wichtige Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit, insbesondere in Fächern wie Ethik, Religion, Sozialkunde und Biologie, ergeben sich schon aus der juristischen Fragestellung: Es geht um kindliche Selbstbestimmung und um die Fürsorgepflicht des Staates, um die moralische Implikationen von Stammzellenforschung und Designer-Babys. Damit zusammenhängend kann auch die grundsätzliche Problematik diskutiert werden, inwieweit der Mensch den "Schöpfungsplan" eigenhändig umschreiben darf. Darüber hinaus beleuchtet Cassavetes unser Verhältnis zu Sterben und Tod: Wie kann man lernen, einen geliebten Menschen loszulassen, und wie kann mal lernen, den Tod als natürlichen Teil des Lebens zu akzeptieren?
Autor/in: Michael Kohler, 04.08.2009
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