Paris 1942: Im Schulterschluss mit den Kollaborateuren/innen der Vichy-Regierung ordnen deutsche Militärbefehlshaber eine Razzia an, bei der 13.000 Juden verhaftet werden. Auch der elfjährige Joseph Weismann sowie seine Eltern und Geschwister müssen fünf Tage lang unter schlimmsten Bedingungen in einer Radrennstation, dem so genannten Vélodrome d’Hiver, ausharren. Von dort aus werden sie in ein Transitlager südlich von Paris verschleppt. Etwas Menschlichkeit, Trost und Hilfe finden die Zusammengepferchten für kurze Zeit bei einer couragierten Rotkreuzschwester, bis die Befehlshaber die Deportation in die polnischen Vernichtungslager anordnen.
Die Kinder von Paris widmet sich einem lange verdrängten Kapitel der deutsch-französischen Geschichte: Erst 1995 bekannte sich der damalige Präsident Jacques Chirac zur Mitschuld Frankreichs an der Deportation französischer Juden. Dass Rose Bosch dieses tabuisierte Thema aufgreift, gehört wohl zu den größten Verdiensten dieses Films, der sich an wahren Biografien orientiert. Meist aus der kindlichen Perspektive des elfjährigen Protagonisten, der als einziger aus dem Transitlager fliehen kann, und unterfüttert mit historischen
Dokumentaraufnahmen, zeichnet die Regisseurin die Operation "Frühlingswind" nach. Sehr sensibel schildert sie die zahlreichen Einzelschicksale, weckt Empathie vor allem für die Kinder, die mit erstklassigen Darsteller/innen glaubwürdig besetzt sind. Nicht ganz unproblematisch ist der Einsatz emotionalisierender
Musik: Chansons von Edith Piaf oder sehnsuchtsvolle Streichermelodien sorgen angesichts der tragischen Ereignisse für falsches Pathos.
Ausgehend von
Die Kinder von Paris kann im Unterricht ein wenig bekanntes Kapitel der französisch-deutschen Geschichte thematisiert werden. Da der Film die historischen Hintergründe für die Kollaboration nur peripher streift, sollten diese im Unterricht anhand von Quellenmaterialien analysiert und erörtert werden. Schüler/innen können ferner diskutieren, wie sich der Film zur Mitverantwortlichkeit der französischen Kollaborateure/innen für die Verbrechen des Nationalsozialismus positioniert. Mit schwer verdaulichen Szenen in Konzentrationslagern wirft Regisseurin Rose Bosch überdies grundsätzliche Fragen auf: Inwiefern lassen sich Geschichten um den Holocaust überhaupt filmisch umsetzen? Wie gelingt dies Rose Bosch?
Autor/in: Kirsten Liese, 09.02.2011
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