Hintergrund
Das Gewaltschutzgesetz
Das "Gesetz zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung" trat zum 1. Februar 2002 in Kraft.
Die neue Norm des Gewaltschutzgesetzes gilt für alle in ihren Beziehungen von Gewalt betroffenen Erwachsenen, also auch für Männer, die unter Gewalt durch ihre Partnerin, ihren Partner oder durch andere Familienangehörige leiden. Es kann angewendet werden, wenn eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person widerrechtlich verletzt oder auch nur damit gedroht hat, ohne aus einer Notwehr heraus gehandelt zu haben. Das Gesetz soll zugleich die Bekämpfung des so genannten Stalking ermöglichen, also jene Fälle, in denen Menschen belästigt oder verfolgt werden. Es schafft die verfahrensrechtliche Grundlage für den Schutz der Gewaltopfer.
Schutzmaßnahmen
Die langjährigen Erfahrungen der Frauenhäuser und Beratungsstellen sowie zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass in akuten Situationen über die kurzfristige Hilfe hinaus effektive Schutzanordnungen der Gerichte notwendig sind. Diese Maßnahmen waren zwar schon vor dem Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes möglich, doch wurden sie nur selten in Anspruch genommen. Mögliche Anordnungen können sein: das Betretungsverbot der Wohnung des Opfers, das Verhängen einer Bannmeile, das Aufenthaltsverbot an Orten, an denen sich das Opfer regelmäßig aufhält, das Kontaktverbot, in irgendeiner Weise, auch mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln, Verbindung zum Opfer aufzunehmen, das Verbot eines vom Täter oder der Täterin arrangierten Zusammentreffens. In den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes haben fast alle Bundesländer ihre Polizeigesetze entsprechend geändert und Paragrafen für einen polizeilichen Wohnungsverweis ("Wegweisung" oder auch "Platzverweis") eingeführt. Auf dieser Grundlage können Polizisten/innen die Gewalttäter/innen vorläufig aus der Wohnung weisen und ein Kontaktverbot je nach Bundesland für sieben bis 14 Tage verhängen.
Gesellschaftlicher Diskurs
Kritiker/innen des Gesetzes monieren, dass es in erster Linie in die Persönlichkeitsrechte der Männer eingreife. Für den Täter (oder im Einzelfall auch die Täterin) würden gleich drei Grundrechte eingeschränkt: das Grundrecht auf Freizügigkeit und Unverletzlichkeit der Wohnung und das Eigentumsrecht. Vor allem aber sei das Gesetz einseitig auf Männergewalt bezogen und gehe von einem Feindbild "Mann" aus. Ziel des Gesetzes sei daher nicht, häusliche Gewalt zu bekämpfen, sondern die Gewalt der Männer. Allerdings hat nicht zuletzt der Diskurs um das Gesetz und sein Inkrafttreten den Blick dafür geschärft, dass mitunter auch Männer Opfer häuslicher Gewalt werden.
Autor/in: Irina Strelow (punctum, Bonn), 21.09.2006