Faszination Gewalt
Schlaglicht
Rund 7600 gewalttätige Rechtsextremisten leben nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Deutschland. Die Hälfte sind Jugendliche und Heranwachsende unter 21 Jahren. Die größte Gruppe: die rechtsextreme Skinheadszene. Dabei lassen Äußerlichkeiten wie Haarschnitt oder Kleidung keine eindeutigen Schlüsse mehr zu, nachdem mittlerweile auch viele nicht rechtsextrem orientierte Jugendliche ein entsprechendes Outfit zeigen.
Für den Bielefelder Jugendforscher Wilhelm Heitmeyer ist mangelnde Anerkennung der "Schlüssel zum Verständnis jugendlicher Gewalt". Jugendliche müssen sich "platzieren", sie suchen nach Anerkennung, nach einer Lebensperspektive. Heitmeyer: "Gewalt klärt viel, sie schafft Wahrnehmung und auch Sicherheit in der Gruppe. Wenn ich Gewalt anwende, weiß ich, wer zu mir hält, auf wen ich mich verlassen kann. Und wenn ich Gewalt anwende, sind sie alle da, die Eltern, die Pfarrer, die Medien, die Politik."
Die rechtsextreme Ideologie bietet Erklärungsmuster für Versagensängste: Die Fremden sind schuld, wenn es mit dem eigenen Job nicht klappt. Und weil in einer pluralistischen Gesellschaft Werte und Normvorstellungen permanent in Frage gestellt werden, ist Orientierung gefragt. Doch die werde in vielen Familien nicht mehr vermittelt, sagt Wilhelm Heitmeyer, es fehle an Gesprächsangeboten. Die rechten Rattenfänger stehen in den Startlöchern, um die Lücke auszufüllen.
Autor/in: Volker Thomas, 11.12.2006