Kinostart: 21.04.2016 Verleih:MFA+ FilmDistribution Regie: Ciro Guerra Drehbuch: Ciro Guerra, Jaques Toulemonde Darsteller/innen: Jan Bijovet, Brionne Davis, Nilbio Torres, Antonio Bolívar, Yauenkü Miguee u.a. Kamera: David Gallego Laufzeit: 124 min, Dt. F, OmU Format: Cinemascope, Schwarzweiß, Digital Filmpreise: Auswahl: Cannes film Festival 2015: C.I.C.A.E. Award; Rotterdam International Film Festival 2016: Beste Regie; International Film Festival Indien: Bester Film; Sundance Film Festival 2016: Alfred P. Sloan Feature Film Prize; Odessa Film Festival: Besondere Erwähnung der Jury; Nominierung für den Oscar 2016: Bester fremdsprachiger Film FSK: ab 12 J. Altersempfehlung: ab 16 J. Klassenstufen:ab 11. Klasse Themen:Fremde Kulturen, Lateinamerika, Kolonialismus, Natur, Zivilisation und Wildnis, Geschichte, Tradition, Philosophie Unterrichtsfächer:Deutsch, Geschichte, Politik, Ethik, Geografie, Kunst
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Im kolumbianischen Amazonasgebiet sucht der deutsche Anthropologe Theo, begleitet von seinem Helfer Manduca und dem Schamanen Karamakate, eine sagenumwobene Heilpflanze. Auf ihrer Reise sehen sich die drei Männer mit den verheerenden Folgen des Kautschukabbaus durch die Kolonialherren und dem Einfluss der spanischen Missionare auf die indigene Bevölkerung konfrontiert. 40 Jahre später spürt der US-amerikanische Biologe Evan, den Reiseberichten des Anthropologen folgend, Karamakate im Regenwald auf. Ihre gemeinsame Suche nach der mythischen Pflanze weckt bei dem Schamanen Erinnerungen an die erste Expedition und hilft ihm schließlich, neuen Zugang zum verschütteten Wissen seines Stammes zu finden.
Das traumartige Kolonialdrama, gedreht mit indigenen Laiendarstellern, ist inspiriert von den Aufzeichnungen des deutschen Forschungsreisenden Theodor Koch-Grünberg und den Amazonasreisen des amerikanischen Botanikers Richard Evans Schultes. Die Handlung verwebt beide Expeditionen und Zeitebenen. In Umkehrung der gewohnten Perspektive der westlichen Kolonialerzählung steht jedoch der indigene Protagonist im Mittelpunkt der Geschichte. Die Zuschauenden nehmen Karamakates Perspektive auf die widersprüchliche Kultur der weißen Eindringlinge ein, die selbst im Urwald noch an materiellen Dingen wie einem Grammphon festhalten. Die schwarz-weißen Cinemascope-Bilder, Zeitsprünge und surrealen Episoden erzeugen einen meditativen Sog und machen auf diese Weise auch den nichtlinearen Zeitbegriff Karamakates erfahrbar.
Der Film richtet die Aufmerksamkeit auf ein historisches Verbrechen: die Versklavung und Ermordung der indigenen Bevölkerung durch die Kautschukindustrie im späten 19. Jahrhundert. Anknüpfend an die Folgen von Völkermord, Raubbau und Christianisierung ergeben sich darüber hinaus ethische Fragestellungen hinsichtlich der Kehrseite des zivilisatorischen Fortschritts. Dieses Thema lässt sich einerseits mit historischen Quellen, aber auch anhand von Beispielen aus der Literatur (Joseph Conrads "Herz der Finsternis") und der Filmgeschichte (Aguirre, der Zorn Gottes oder auch Birdwatchers - Das Land der roten Menschen) vertiefen. Zuletzt regt die außergewöhnliche Bildsprache zu einer Auseinandersetzung mit der Wirkung des Films durch Kadrage, Bildformat, Einstellungslängen, Montage sowie den Verzicht auf Farbe ein.