Kathy, Ruth und Tommy wachsen Ende der 1970er-Jahre scheinbar behütet im Internat Hailsham auf, einem Herrenhaus in schönster englischer Landschaft. Doch birgt die Einrichtung ein streng gehütetes Geheimnis: Die Kinder, äußerlich und emotional ganz normale Menschen, sind geklonte Wesen und dazu bestimmt, der Gesellschaft als "Ersatzteillager" zu dienen. Als Erwachsene müssen sie Organe "spenden", spätestens nach vier Entnahmen werden sie, wie es euphemistisch heißt, ihr Leben "vollenden". Eine Ahnung von ihrer aussichtslosen Zukunft bekommen die drei Freunde/innen, als eine mutige Lehrerin das Schweigen bricht. Doch fügen sie sich widerstandslos in ihr Schicksal.
Mark Romanek ist bei seiner Filmadaption von Kazuo Ishiguros gleichnamigen Roman nah an der literarischen Vorlage geblieben. Schleichend dringt der Horror in den Alltag des Internats, den die Abgeschiedenheit von der Außenwelt, eine strenge Erziehung und unheimliche Gerüchte prägen.
Alles was wir geben mussten ist ein Science-Fiction ohne futuristische Szenarien. Das perfide Instrumentalisieren von Menschen wirkt hingegen schockierend real. Sehr berührend erforscht Romanek das Innenleben seiner Protagonisten/innen, die ein tragisches Dreiecksverhältnis zusammenschweißt. Konsequent aus Kathys Perspektive erzählt er mit poetischen
Landschaftspanoramen, beunruhigenden Bildern in kalten, blaugrauen
Farben und zarter elegischer
Musik von Menschen, die einem inhumanen System wehrlos ausgeliefert sind. Bis zum Schluss bleibt offen, ob dieses Teil einer Demokratie oder Diktatur ist.
Alles was wir geben mussten berührt brisante reale Themen, beispielsweise Organraub und die anhaltende politische Grundsatzdebatte über embryonale Stammzellenforschung. Im Ethikunterricht können Schüler/innen über eine Zweiklassengesellschaft reflektieren, in welcher Privilegierte auf Kosten sozial Deklassierter leben. Davon ausgehend lassen sich Parallelen zwischen Film und Wirklichkeit herausarbeiten. Insbesondere im Englischunterricht empfiehlt sich ein Vergleich mit der literarischen Originalvorlage. Über solche konkreten Aspekte hinaus geht es aber auch um universelle Fragen: Was macht uns zum Menschen? Was bedeutet es, wenn man um den bevorstehenden Tod weiß? In diesem Kontext empfiehlt sich auch eine Reflexion über menschliche Würde, Selbstbestimmung und Identität.
Autor/in: Kirsten Liese, 07.03.2011
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