Rechtzeitig vor Sönke Wortmanns Kicker- und Familiendrama Das Wunder von Bern über den Sieg der deutschen Mannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 beleuchtet Christoph Hübner in seiner Langzeitdokumentation Die Champions die andere Seite des Fußball-Glamours. Drei Jahre lang hat er vier Nachwuchstalente im Vereinsinternat von Borussia Dortmund begleitet und ihre Anstrengungen beobachtet, den Sprung in die erste Liga zu schaffen. Mehr als 400 Stunden Filmmaterial hat der Grimme-Preisträger aufgenommen, aus denen er und seine Frau, die Cutterin und Co-Regisseurin Gabriele Voss, 129 Minuten herausgefiltert haben. Im Mittelpunkt stehen keine spektakulären Tore oder faszinierende Dribblings, sondern der Alltag der Jungkicker. So begleitet die Kamera die Talente Heiko aus Deutschland, Mohammed aus Ghana, Claudio aus Chile und den in Deutschland geborenen Schwarzafrikaner Francis bei den monotonen Strapazen auf dem Trainingsplatz und in die Umkleidekabine, zum ersten Autokauf und ins Wohnheim. Aus den scheinbar beiläufigen Beobachtungen entsteht ein differenziertes Bild der harten Lebensbedingungen des Quartetts, seiner Hoffnungen und Träume, Freuden und Leiden. So etwa, wenn der hochtalentierte Claudio, der zunächst kein Wort Deutsch spricht, unter der Einsamkeit leidet und schon bei den Dortmunder Amateuren an seiner Disziplinlosigkeit scheitert. Die Fußballstile in Südamerika und bei den 'preußischen' Borussen sind eben sehr verschieden: In Chile kickt Claudio jetzt in der ersten Liga. Hübner/Voss gelingt ein vom langen Dokumentaristen-Atem geprägtes, atmosphärisch dichtes Porträt, das sich viel Zeit nimmt und vom Zuschauer viel Zeit verlangt. Für Kinogänger ohne unmittelbares Interesse am Fußball wäre eine stärkere Raffung der Szenen spannender gewesen, zumal die zentrale Botschaft schnell deutlich wird: Der Weg zum Profi ist sehr steinig und nur die wenigsten schaffen es ganz nach oben.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.07.2003