Wim Wenders eröffnete mit seinem Filmporträt The Soul of a Man die siebenteilige Filmreihe, mit der Martin Scorsese als Produzent die Geschichte der Blues-Musik nachzeichnen und ihre Bedeutung als Fundament der amerikanischen Populärmusik herausarbeiten will. Richard Pearce lieferte den zweiten Beitrag The Road to Memphis , nun legt Scorsese als Regisseur mit der Dokumentation Feel like going Home nach. Der renommierte Filmemacher konzentriert sich dabei auf Verbindungslinien zwischen den Blues-Standards des Mississippi-Deltas und den polyrhythmischen Musiktraditionen Westafrikas. Er schickt den 35-jährigen Blues-Musiker Corey Harris auf eine doppelte Reise: Zunächst sondiert dieser nach ursprünglichen Blues-Formen in der Mississippi-Region, dann besucht er das westafrikanische Mali, das er als seine zweite musikalische Heimat zu erkennen scheint. Impressionen der Reise von Harris werden mit Archivaufnahmen etwa von Willie King, Muddy Waters und John Lee Hooker sowie Statements wichtiger Zeitzeugen und Blues-Veteranen verknüpft. Dazu kommen lebendige Jam-Sessions etwa zwischen Harris und dem malischen Weltmusik-Star Ali Farka Touré. – Scorseses Beitrag zur Reihe ist konventionell und stilsicher, aber wenig einfallsreich gemacht. In didaktischer Hinsicht mögen die vielen Hinweise auf die Fortschreibung westafrikanischer Musiktraditionen bei den schwarzen Sklaven im Süden der USA unabdingbar sein; für einen ambitionierten Filmessay fallen die angedeuteten Verwandtschaften etwa zwischen der Drum-and-Fife-Musik in Nord-Mississippi und der pentatonischen Klangwelt in Mali etwas dürftig aus. Lobenswert ist dagegen der Hinweis auf die Verdienste der Blues-Forscher John und Alan Lomax, die im Auftrag der Library of Congress durch ihre systematische Aufzeichnung alter Blues-Stücke maßgeblich zum Erhalt des musikalischen Erbes der schwarzen Minderheit der USA beigetragen haben.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.07.2004