In einem britischen Herrenhaus an einem düsteren Novembertag anno 1932 versammelt sich eine illustre Gesellschaft. Neben angesehenen Lordschaften, die samt ihrer Domestiken anreisen, sind auch ein amerikanischer Filmproduzent und ein britischer Stummfilm-Star von der Partie. Auf Gosford Park herrscht eine strenge, jeweils identische Hackordnung: In der Belle Etage langweilt sich die feine Gesellschaft über die Zeit hinweg, im Souterrain tratschen die Bediensteten über das Treiben, Leiden und die Intrigen der Herrschaft. Als zu mitternächtlicher Stunde im wahrsten Sinne des Wortes eine Leiche im Keller entdeckt wird, kann niemand mehr die Augen davor verschließen, dass beide Welten ein Geheimnis miteinander verbindet. – Mit sicherem Auge und ironischem Zwinkern beobachtet Altmeister Robert Altman in seiner Hommage an Jean Renoirs La règle du jeu das Gebaren dekadenter Aristokraten und Bourgeois. Altmans Kamera späht wie durch ein Schlüsselloch in eine fremde, verflossene Zeit und ruht manchmal auf verdächtigen Gegenständen, etwa einer Sammlung von Küchenmessern. Ein Hauch von Agatha Christie weht dann über die brillante Farce. Nur beiläufig erfährt man am Ende, wer der Täter war. Der wahre Schuldige aber ist zugleich das Opfer: Eine Gesellschaft, die sich selbst längst überlebt hat.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.06.2002