Im Pazifikkrieg der USA gegen Japan dauerte es fast 40 Tage, bis die nordamerikanischen Streitkräfte im Februar 1945 die von japanischen Militärverbänden erbittert verteidigte Insel Iwo Jima einnehmen konnten. Der unerwartet heftige Widerstand kostete annähernd 7.000 US-Soldaten und weit über 20.000 japanischen Soldaten das Leben. Die karge Insel aus Vulkangestein war die letzte Bastion, die das japanische Mutterland vor der Invasion der US-Amerikaner schützen konnte. Generalleutnant Tadamichi Kuribayashi, der vor dem Zweiten Weltkrieg die USA bereist hatte, wurde vom japanischen Kaiser mit der Verteidigung dieser Insel beauftragt. Seine einzige Chance gegen die personelle und technische Übermacht der Amerikaner sah er darin, die Insel durch ein System aus etwa 5.000 in den Fels getriebenen Höhlen zu verteidigen, die durch ein 30 km langes Tunnelsystem miteinander verbunden waren. Die Niederlage, bei der fast alle japanischen Soldaten umkamen, war dennoch nicht aufzuhalten.
In
Flags of Our Fathers hatte Clint Eastwood mit der Darstellung der Schlacht um Iwo Jima den amerikanischen Heldenmythos in Frage gestellt. Auch in
Letters from Iwo Jima, der die blutigen Auseinandersetzungen um die strategisch wichtige Pazifikinseln aus japanischer Sicht schildert, will Eastwood die menschliche Dimension dieses Kriegsdramas verdeutlichen. Im Mittelpunkt stehen eine Handvoll japanischer Soldaten, die es den Zuschauenden auf ganz unterschiedliche Weise ermöglichen, das Grauen dieses Krieges nachzuempfinden. Während der General seine Taktik teilweise gegen den Widerstand des eigenen Führungsstabs verfolgt, hofft der Bäcker Saigo das Inferno zu überleben, um seine neugeborene Tochter in die Arme schließen zu können. Wie schon in
Flags of Our Fathers stützt sich Eastwood auch in diesem unmittelbar im Anschluss gedrehten Film, auf eine originäre Buchvorlage mit Briefen, die General Tadamichi Kuribayashi nach Hause schrieb. Mit beiden Filmen möchte Eastwood einer nachwachsenden Generation verdeutlichen, "was der Krieg in den Menschen anrichtet". Auch auf der Seite der Japaner herrschen Ängste und Hoffnungen, Achtung vor dem Feind, aber auch Hass und Unmenschlichkeit gegen eigene und feindliche Soldaten. So funktioniert in Eastwoods Darstellung die traditionelle Unterscheidung zwischen Freund und Feind, den Guten und den Bösen nicht mehr. Dies ist vielleicht das größte Verdienst dieses einzigartigen Filmprojekts. Schade nur, dass der zweite Teil, der historisches Vorwissen über die Japaner im Zweiten Weltkrieg voraussetzt, wegen seiner deutlich grausameren und intensiveren Kriegszenen erst eine FSK-Freigabe ab 16 Jahren erhalten konnte, sodass nur ältere Jugendliche beide Filme wirklich miteinander vergleichen können.
Autor/in: Holger Twele, 23.02.2007