Die knapp 13-jährige Anaïs ist mit sich und der Welt unzufrieden. Sie leidet an ihrem deutlichen Übergewicht, an ihren oft abwesenden und wenig aufmerksamen Eltern und vor allem an ihrer gut zwei Jahre älteren, hübschen Schwester Elena, die sie liebt und bewundert, aber auch hasst. Elena macht in den Sommerferien am Meer gerade ihre ersten Liebeserfahrungen mit dem anderen Geschlecht, während Anaïs als störend weggeschickt wird. Zum Ausgleich beobachtet sie später in der Rolle eines Voyeurs ihre ältere Schwester und den smarten italienischen Studenten beim Geschlechtsakt. Als die sonst eher desinteressierte Mutter herausfindet, dass Elena von ihrem Freund einen gestohlenen Ring geschenkt bekam, bricht sie wutentbrannt den Urlaub ab und macht sich mit ihren beiden Töchtern auf den Heimweg, der sich zum Albtraum entwickelt. – Weibliche Sexualität im Unterschied zur männlichen und allgemein das Verhältnis zwischen den Geschlechtern stehen auch in diesem Film von Catherine Breillat ( Romance ) im Mittelpunkt. Der verstörende und bewusst provozierende Film handelt von Gewinnern und Verlierern, Eingeweihten und Ausgeschlossenen in der Liebe, von Sehnsucht und Verachtung, Zärtlichkeit und Gewalt. Trotz seiner Hauptfiguren hat er mit einer romantisch gefärbten Coming-of-Age-Geschichte, wie derzeit viele im Kino zu sehen sind, nur wenig gemeinsam. Und das schockierende, extrem gewalttätige Ende wird das Publikum sicher in Befürworter und Ablehner spalten, jedenfalls aber für Diskussionsstoff sorgen.
Autor/in: Holger Twele, 01.09.2002