Eine junge Frau wird nach der Geburt ihres dritten Kindes depressiv und flüchtet aus ihrer Wohnung. Sie quartiert sich bei einer Nachbarin ein und versinkt in Apathie und Ratlosigkeit. Ihr Mann sucht sie verzweifelt. Nach wenigen Tagen überwindet die Mutter ihren Schock und kehrt von selbst zu ihrer Familie zurück. – Dominique Cabréra wagt sich in ihrem ersten Langfilm thematisch an ein Tabu: die Wochenbett-Psychose. Bei diesem Phänomen handelt es sich nach Recherchen der Regisseurin keineswegs um einen Einzelfall. Insofern rüttelt Milch der Zärtlichkeit an der weit verbreiteten Annahme, alle Schwangeren seien mit Glückshormonen und natürlichen Mutterinstinkten gesegnet. Die Regisseurin wertet nicht, sie verurteilt ihre Heldin nicht als Rabenmutter, sie liefert lediglich eine Zustandsbeschreibung. Statt die Gründe für das eigenartige Verhalten ihrer Protagonistin zu erforschen, verzettelt sie sich in dramaturgisch entbehrlichen Nebensträngen, für die sie ein hochkarätig besetztes Figurenarsenal versammelt. Der unmotivierte, versöhnliche Schluss gibt zumindest Anlass zu Diskussionen und regt eine ausführlichere Beschäftigung mit dem Thema an.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.11.2002