Mit riesigen, schwarzen, übergeschnallten Schultafeln macht sich eine Gruppe von Lehrern inmitten einer unwirtlichen Gebirgslandschaft in der Nähe der iranisch-irakischen Grenze auf den Weg in abgelegene Orte, um auch dort den Schülern das Lesen und Schreiben beizubringen. Nur wenige Jugendliche interessieren sich für dieses Angebot, denn sie kämpfen täglich um ihre blanke Existenz, betätigen sich als Schmuggler und werden dabei ständig in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt. Einer der Lehrer schließt sich einem Flüchtlingsstrom alter Männer in ihre ehemalige Heimat jenseits der Grenze an. Er heiratet die Tochter eines dieser Männer, der nicht sterben möchte, ohne sie verheiratet zu sehen. Als Hochzeitsgeschenk hat der Lehrer nur seine Schultafel anzubieten. – In ihrem zweiten Spielfilm erzählt die Tochter des renommierten iranischen Regisseurs Mohsen Makhmalbaf mit eindringlicher, symbolbeladener Bildsprache und einfachen dramaturgischen Mitteln von den Absurditäten des Alltags, vom Überlebenskampf und von einem nicht einlösbaren und doch notwendigen Bildungsanspruch im unwegsamen Grenzgebiet zurzeit des irakischen Krieges. Ein vor allem künstlerisch bemerkenswerter Film, in dem die Figuren mitunter genauso orientierungslos durch den Nebel stapfen wie der Zuschauer sich erst langsam auf die fremdartige Kultur einlassen und in den rätselhaft wirkenden Bildern zurechtfinden muss.
Autor/in: Holger Twele, 01.01.2002