Uli Stelzner und Thomas Walther erzählen die Lebensgeschichte des 85-jährigen Rechtsanwalts und überzeugten Sozialisten Alfonso Bauer Paiz aus Guatemala, der bis heute seine ganze Energie für eine bessere Welt einsetzt. Seine Biografie ist eng verknüpft mit der tragischen Geschichte Guatemalas und Lateinamerikas im 20. Jahrhundert. Aufgerollt wird sie anhand von Bauers Lebenserinnerungen, historischen Filmaufnahmen, Berichten von Familienangehörigen, Freunden und politischen Weggefährten. 1944 wird der 26-Jährige Abgeordneter, gründet Gewerkschaften und führt als Wirtschaftsminister erste Arbeitsgerichte ein. Als 1954 die Revolutionsregierung von der USA gestürzt wird, zieht Bauer nach Mexiko. Schon bald kehrt er in die Heimat zurück, um dort für soziale Gerechtigkeit zu kämpfen. Die 1960er Jahre in Guatemala sind geprägt durch Guerilla-Krieg und den Militärputsch von Peralta Azurdia. Nach einem Bombenanschlag auf seine Familie und dem Selbstmord einer Tochter schreibt er 1968 sein "Politisches Testament”. 1970 überlebt er schwer verletzt ein Attentat. Er wird gezwungen, sein Land zu verlassen. Sein zweites Exil führt ihn in das Chile unter Salvador Allende, das sozialistische Kuba Che Guevaras, ins revolutionäre Nicaragua der Sandinisten und schließlich nach Mexiko, wo er als Rechtsberater die vom Bürgerkrieg vertriebenen Flüchtlinge aus Guatemala auf ihrer Rückkehr begleitet. Nach 22 Jahren Exil kann Alfonso Bauer 1993 wieder den Kampf im eigenen Land aufnehmen. Heute sitzt er als einer der wenigen linken Abgeordneten im Parlament von Guatemala. – Die Filmemacher betrachten ihren Protagonisten auch aus kritischer Distanz: Ein Sohn und eine Tochter aus einer seiner Ehen berichten etwa, wie sehr sie darunter zu leiden hatten, dass ihr Vater die Familie oft der Politik wegen vernachlässigte. Gleichzeitig hat Alfonso Bauer für seine Ideale einen großen Preis bezahlt: Er musste ansehen, wie einige seiner Ehefrauen und einige Kinder viel zu früh starben und sich Freunde von der Politik abwandten oder gar politischen Verrat begingen. Doch der Film schafft es, Schattenseiten aufzuzeigen, ohne die Legitimität von Bauers Aktivitäten in Frage zu stellen. Er konzentriert sich auf die heute selten gewordene hartnäckige Kampfeslust seines Helden und skizziert die desolaten Umstände, die sein außergewöhnliches Engagement verstehen lassen. Insofern ist Testamento auch ein eindringliches Plädoyer für Demokratie und Gerechtigkeit und die Stärkung des politischen Bewusstseins in Guatemala.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.11.2003