Ryan Bingham jettet im Auftrag großer Konzerne quer durch die USA, um diesen eine lästige Arbeit abzunehmen: Er unterrichtet Angestellte von ihrer Entlassung. Der smarte Anzugträger sieht sich als humanitären Dienstleister. Skrupel hat er nicht, er liebt seinen Job, denn das schwerelose Gleiten zwischen Airport-Hotel, Terminal und Business-Class ist für ihn die einzig wahre Existenz und das Erreichen der 10.000.000-Flugmeilen-Marke sein großes Ziel. Zwei Frauen gefährden jedoch seinen abgehobenen Lebensstil. Die junge Unternehmensberaterin Natalie testet ein virtuelles Entlassungsmodell, das Bingham zu einem Leben am Boden verdammen würde. Zudem verliebt er sich in die Geschäftsfrau Alex, was dazu führt, dass sein Unwille zu jeder sozialen oder gar romantischen Bindung allmählich aufweicht. Doch es ist zu spät. Ryan Bingham hat den Absprung in ein anderes Leben verpasst.
Up in the Air ist eine komödiantische Parabel auf eine restlos technisierte und damit unpersönlich gewordene Geschäftswelt und zugleich ein Symptom ihrer aktuellen Krise: Wie mancher Börsianer profitiert Bingham von wirtschaftlich schlechten Zeiten. Das komplexe ökonomische Thema wird zugleich humorvoll und ernsthaft umgesetzt. Beeindruckend wirken vor allem Szenen, in denen Regisseur Jason Reitman die Reaktionen der fassungslosen Angestellten bei ihrer Entlassung zeigt. Den Gegensatz zu solch emotionalen Bildern bildet das konforme, auf Effizienz bedachte Auftreten Binghams. Elegant fließende
Schnitte zeigen ihn beim Kofferpacken oder beim reibungslosen Passieren von Terminals. Die geschliffenen Dialoge mit Natalie und seiner vermeintlichen Seelenverwandten Alex erinnern an die klassische Hollywood-Komödie. Dabei genießt der auch mit
Erzählerstimme auftretende Hauptdarsteller George Clooney durchweg unsere Sympathie.
Trotz seiner Leichtigkeit, die als stilistisches Mittel nicht überzogen wird, gibt
Up in The Air Anlass für Diskussionen zum modernen Wirtschaftsleben. Wie verträgt sich die Maxime der Profitmaximierung mit der sozialen und ethischen Verantwortung von Unternehmen? Welche psychischen und ökonomischen Folgen haben Entlassungen für abhängige Arbeitnehmer/innen? Interessant ist auch das Verfahren des Regisseurs, real entlassene Angestellte als Laienschauspieler/innen sich selbst darstellen zu lassen. Wie drastisch anonyme Kommunikationsstrukturen das soziale Zusammenleben beeinträchtigen und den Einzelnen zum "Rädchen im Getriebe" reduzieren, zeigt nicht zuletzt das Beispiel der Hauptfigur. Das effizientere Internet könnte Ryan Binghams trauriger Luxusexistenz bald selbst ein Ende setzen.
Autor/in: Philipp Bühler, 02.02.2010
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