Kinostart: 14.09.2017 Verleih:NFP Regie: Vibeke Idsøe Drehbuch: Erik Fosnes Hansen, Vibeke Idsøe nach dem gleichnamigen Roman von Erik Fosnes Hansen Darsteller/innen: Rolf Lassgård, Lisa Loven Kongsli, Kjersti Tveterås, Ken Duken, Rolf Kristian Larsen, Burghart Klaußner u.a. Laufzeit: 118 min, Dt. F Format: Digital, Farbe Filmpreise: Filmfest Hamburg, Filmfest Köln, Filmfest Haugesund FSK: ab 12 J. FBW-Prädikat: Wertvoll Altersempfehlung: ab 12 J. Klassenstufen:ab 7. Klasse Themen:Individuum (und Gesellschaft), Anerkennung, Menschenrechte/-würde, Identität, Selbstbewusstsein, Außenseiter, Biografie Unterrichtsfächer:Deutsch, Ethik, Religion, Sozialkunde, Biologie
Im Jahre 1912 wird in einem kleinen norwegischen Städtchen Eva geboren. Sie wächst ohne ihre Mutter auf, die bei ihrer Geburt stirbt. Eva verbringt ihre Kindheit einsam im Haus ihres Vaters, eines Stationsmeisters. Zu ihrem Kindermädchen Hannah entsteht eine enge Verbindung. Aber andere Kinder kennt sie nicht. Der Vater möchte das Mädchen vor den Blicken und Worten der anderen Menschen im Ort schützen. Denn ihr Körper ist von Kopf bis Fuß mit Haaren bedeckt. Gleichzeitig setzt er sich mit Wissenschaftlern in Verbindung, die das seltene Symptom der Behaarung, Hypertrichosis Lanuginosa, anhand von Eva erforschen wollen. Aber Eva möchte ein normales Leben. Sie ist neugierig und wissbegierig. Sie möchte zur Schule gehen und Telegrafistin werden, wie ihr einziger Freund Funken, der beim Vater arbeitet.
Der Film erzählt chronologisch in vier Etappen die Geschichte des Erwachsenwerdens und der Emanzipation von Eva. Wir lernen sie als neugeborenes Baby kennen, dann erleben wir sie mit etwa sieben Jahren, als Jugendliche und schließlich mit Mitte Zwanzig. Wir begleiten Eva auf ihrem Weg, einen Umgang mit sich selbst zu finden. Dabei erzählt der Film aus Evas Perspektive, die durch wenige Voice-Over, vor allem aber durch die Kamera und den Schnitt erfahrbar gemacht wird. Während der Film in den Szenen um die siebenjährige Eva aus kindlicher Perspektive erzählt und durchaus auch für Kinder interessant sein könnte, verändert sich die Perspektive mit fortschreitendem Alter der Protagonistin. Der Film orientiert sich stark am gleichnamigen Roman von Erik Fosnes Hansen, der als Vorlage diente. Allerdings werden manche wichtig erscheinende Ereignisse, wie die Verliebtheit von Eva und ihre Gewalterfahrungen, nur angerissen und nicht zu Ende erzählt.
Der Film erzählt viel über gesellschaftliche Strukturen Anfang des 20.Jahrhunderts. Die sogenannten Menschenschauen, die in dieser Zeit als Attraktion und abendliches Unterhaltungsprogramm präsentiert wurden, spiegeln das damalige Menschenbild. Wie gehen die Menschen mit Evas Besonderheit um? Woran merkt man, dass der Film in der Vergangenheit spielt? Wie würden wir Eva heute begegnen? Der Film stellt unaufhörlich die kritische Frage nach der Schönheit. Was ist Schönheit? Wer bestimmt, was schön ist? Wie verändern sich Schönheitsnormen im Wandel der Zeit? Darüber hinaus bietet sich eine vergleichende Arbeit mit der Romanvorlage an. Wie wurde die poetische und bildhafte Sprache des Romans in Bilder übersetzt? Mit welchen filmtechnischen Mitteln wird gearbeitet? Bleibt der Fokus des Erzählten im Film der gleiche wie im Buch?
Dieser Text ist eine Übernahme des VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Laura C. Zimmermann, 17.07.2017, Vision Kino 2017.