Der idealistische und junge Lehrer Petr hat seine Anstellung an einem Prager Gymnasium aufgegeben und eine Stelle in der tschechischen Provinz angenommen. Er ist auf der Flucht vor seiner dominanten Mutter, mit der er nicht an derselben Schule unterrichten will, vor seinem aufdringlichen Ex-Freund, vor sich selbst und seiner Homosexualität. Weil er seine sexuelle Neigung geheim hält, kommt es bald auch im Dorf zu zwischenmenschlichen Konflikten: Denn die Bäuerin Marie, mit der der Dorflehrer sich anfreundet, verliebt sich in ihn, er aber fühlt sich von ihrem achtzehnjährigen Sohn angezogen. Als Petr eines Nachts sein Verlangen nicht länger kontrollieren kann, eskaliert die Situation.
Der Dorflehrer ist eine sensible Studie über unerwiderte Gefühle, ein Plädoyer für alternative Lebensentwürfe und die Geschichte dreier Menschen, die lernen, mit Verlust und Verzicht umzugehen. Bohdan Sláma inszeniert seinen Film leise, tiefgründig und dezent mit sparsamen Dialogen, subtiler Mimik und Gestik und langen
Einstellungen. Vor allem in dem zurückhaltenden Spiel Pavel Liškas vermittelt sich, wie sehr der Titelheld darum kämpfen muss, seine Sexualität zu unterdrücken. Etwas altmodisch und stilisiert wirkt die ästhetische Umsetzung: Auf liebenswerte Weise schenkt der Regisseur seinen melancholischen Figuren Sympathie, indem er sie wie zum Schutz in idyllische Genrebilder von malerischen, sommerlichen Getreidefeldern einbettet und mit einem Soundtrack von warmen
Barockmusikklängen umschmeichelt.
Ausgehend von Petrs Suche nach sexueller Identität lässt sich diskutieren, was dieser meint, wenn er in einer Schulstunde lehrt, dass nur wer die Natur verstehe, sich auch selbst verstehen könne. Ferner können Fragen zur Diskriminierung von Homosexuellen gestellt werden, wobei die Schüler/innen auch eigene Einstellungen und Vorurteile reflektieren können. Die Sprache sollte dabei auch auf die konservativen Wertevorstellungen eines osteuropäischen Landes kommen, das die gleichgeschlechtliche Liebe stärker tabuisiert als seine westeuropäische Nachbarländer. Daneben regt der Film aber auch zu allgemeinen Reflektionen über Liebe, Freundschaft und Familie jenseits konventioneller Muster an.
Autor/in: Kirsten Liese, 26.08.2009
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