Cybercrime sorgt jährlich weltweit für Milliardenschäden. Computerviren und -würmer legen Systeme lahm, bieten Zugang zu sensiblen Daten. Doch ist jeder Hacker per se kriminell? Der Film
Hacker stellt fünf Männer verschiedener Generationen vor: Steffen Wernéry und Reinhard Schrutzki berichten von ersten Aktionen des Chaos Computer Clubs (CCC): vom "BTX-Hack", der 1984 die Hamburger Sparkasse knackte, und davon, wie Hacker 1986 in die Rechnernetze der NASA und der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) eindrangen. Andere wie Marko Rogge und Marcell Dietl arbeiten inzwischen für die IT-Sicherheitsindustrie. Am Beispiel Paul Zieglers zeigt der Film das subkulturelle Selbstverständnis eines in Tokio lebenden Hackers.
Ursprünglich wollte Regisseur Alexander Biedermann die Geschichte deutscher Hacker chronologisch dokumentieren. So bebildert Archiv-Material des Fernsehnachrichtenmagazins
heute-journal den "NASA-Hack" mit Statements von CCC-Gründer Wau Holland und dessen damaligen Pressesprecher Steffen Wernéry. Reinhard Schrutzki zeigt seinen Commodore C64, mit dem er den Großrechner bei CERN knackte, um fraktale Bilder berechnen zu lassen. Fasziniert von den eigenwilligen Gesprächspartnern bemüht sich Biedermann alsbald, deren Persönlichkeit und Werdegang in ihrem Arbeits- und Wohnumfeld herauszuschälen. Dadurch wirkt seine
Dokumentation zunehmend unentschlossen, es leiden Struktur und Erkenntnisgewinn.
Dennoch bietet der Film gute Ansatzpunkte, um im Unterricht über das Selbstverständnis der Hacker und ihre öffentliche Wahrnehmung als Genies, Computer-Nerds oder Kriminelle zu diskutieren. Die fünf Protagonisten nutzen die Chance, dieses Bild zu korrigieren. Manchen geht es um Anerkennung und Demonstration von Macht, anderen um kreatives Programmieren, das Ausloten persönlicher Grenzen und das Aufzeigen unsicherer Datensysteme. Von ihrem Können profitieren längst Gesellschaft und Industrie, die sie für die Entwicklung von Sicherheitssoftware und -systemen anwerben, aber sie weiterhin überwachen lassen. Doch Datensicherheit gibt es nicht. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen für Individuen und Gesellschaft eröffnen aktuelle weiterführende Diskussionen für die Bildungsarbeit.
Autor/in: Cristina Moles Kaupp, 16.11.2010
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