Die Endzwanzigerin Rita hat fünf Kinder von verschiedenen Männern, zu keinem der Väter hat sie Kontakt. Sie geht keiner geregelten Arbeit nach, lebt von Sozialhilfe und kleineren Diebstählen. Zu ihrer Mutter Isabella hat Rita ein ausgesprochen schwieriges Verhältnis. Sie wirft ihr vor, nicht für sie da gewesen zu sein, bringt jedoch mit Ausnahme ihres jüngsten Sohnes, der noch ein Baby ist, ihre eigenen Kinder bei Isabella unter. Zu Beginn der Filmhandlung sucht Rita erstmals ihren leiblichen Vater auf, der mit seiner Familie in Belgien lebt. Doch das Zusammentreffen gerät zu einer herben Enttäuschung: Als Ritas Vater erfährt, dass sie wegen Diebstahls gesucht wird, liefert er sie prompt an die deutsche Polizei aus. Die junge Frau verbüßt eine längere Gefängnisstrafe im offenen Mutter-Kind-Vollzug. Nach der Haft holt sie alle Kinder zu sich, in eine provisorisch und karg eingerichtete Wohnung. Gemeinsam mit ihrem neuen Lebensgefährten Marc, einem in Deutschland stationierten afroamerikanischen Soldaten, scheint ein Familienleben möglich zu sein. Doch Rita bricht wieder aus der Beziehung aus und bringt die Kinder zurück zu Isabella.
Anhand dieser dysfunktionalen Familie, von deren Vorgeschichte vieles im Dunkeln bleibt, hinterfragt die Regisseurin Maria Speth gesellschaftliche Erwartungen an die Rolle der Mutter. Da Mutterschaft und Erziehung seit geraumer Zeit wieder verstärkt in den Fokus von Politik und Medien gerückt sind, hat das Thema des Films einen hoch aktuellen Bezug. Der Titel beschwört ein christliches Ideal der bedingungslos liebenden Mutter Gottes, um dann schonungslos mit diesem Vorbild zu brechen. Sowohl Rita als auch Isabella gehen, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Kinder, ihre eigenen Wege. Speth vertritt in ihrem Film zudem die These, dass sich eine bestimmte Familiendynamik über Generationen weitervererbt: Die Abwesenheit einer Vaterfigur, aber auch der Mangel an mütterlicher Zuwendung sind Erfahrungen, die Rita an ihre eigenen Kinder weiter gibt. In ihrer ältesten Tochter Fanny könnte sich die prädestinierte Erbfolge fortsetzen: Die Dreizehnjährige bekommt von ihrer Mutter nicht die Liebe, die sie braucht und trägt zudem die Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister, für die sich von den Erwachsenen niemand wirklich zuständig fühlt.
In seiner Authentizität wirkt der Film ungeschönt. Sowohl Rita als auch Isabella sind alles andere als Sympathieträgerinnen, ihr liebloses und egoistisches Verhalten provoziert zeitweise sogar Abscheu. Trotz dieser zwischenmenschlichen und emotionalen Defizite verurteilt Speth ihre Hauptfiguren nicht. Sie erzählt distanziert, vorurteils-, aber auch mitleidsfrei und ermöglicht den Zuschauenden so, sich unvoreingenommen mit dieser speziellen und durchaus realistischen Variante von Mutterschaft auseinander zu setzen.
Autor/in: Stefanie Zobl, 09.11.2007
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