Interview
So Wirklichkeitsnah wie möglich...
Ein Gespräch mit Damien O'Donnell
Das Interview führte Frauke Hanck.
Interviewpartner: Damien O'Donnell
Ihr Film spielt zu Beginn der 70er Jahre in der Umgebung von Manchester. Warum die Vergangenheit? Haben sich die Probleme der Einwanderer heute nicht verändert oder gar verbessert?
Nein, nicht grundsätzlich. Die Integration der asiatischen Kultur – speziell der Pakistani – in die britische Realität ist nach wie vor schwierig. Möglicherweise ist heute der Rassismus sogar größer als früher. Ich sehe da einen gewissen Zusammenhang mit der weltweiten Entwicklung, im Zuge derer immer mehr Leute reisen, auf fremde Kulturen treffen, sich daran gewöhnen müssen, es aber nicht können und aggressiv reagieren. Zuhause wollen sie von den Fremden nichts wissen. In den letzten 50 Jahren ist viel passiert und das wird noch lange so weitergehen. In 300 Jahren werden die Völker vielleicht gut miteinander auskommen. Religion allerdings ist eine andere, viel komplexere Sache.
Sie erzählen in East is East von Integrationsschwierigkeiten auf ganz privater Ebene am Beispiel einer pakistanisch-britischen Familie. Sind Sie dabei absichtlich nicht explizit politisch geworden?
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück, das sehr erfolgreich am Londoner Royal Court gelaufen ist. Autor Ayub Khan-Din, der eigentlich hauptsächlich Schauspieler ist, hat dann ein Drehbuch geschrieben. Ich selbst habe das Stück nicht gesehen, bin der Story erstmals über das Filmskript begegnet. Dann gab man mir das Theaterstück zum Lesen, aber ich wollte mich nicht von der Zielrichtung des Films ablenken lassen. Für direktere politische Statements, z. B. über Großbritannien fühle ich mich auch nicht berufen. Ich bin Ire und lebe in Dublin.
Und wie sieht es dort mit Rassismus aus?
Da geht es sogar ziemlich heftig zu und gerade in der jüngsten Zeit auch mit reichlich zynischer Heuchelei. Kosovo-Albaner werden mit offenen Armen empfangen, Albaner aber zum Teufel gejagt. Mit dem Ende des Kommunismus vor zehn Jahren kamen viele Rumänen ins Land – auch ihnen wurde mit offenem Rassismus begegnet. Asiatische und schwarze Einwanderer bilden nur einen geringen Anteil in Irland. Bei uns herrschte lange Zeit ein ökonomisches Desaster, da waren wir vor allem ein Volk von Emigranten und die Bevölkerungszahl ging deutlich zurück. Vor einigen Jahren hat sich die Lage verbessert, die Leute kamen zurück und andere wollten hier leben – plötzlich hatten wir Immigranten und die entsprechenden Probleme.
Beeinflusst diese politische Situation auch Ihre Arbeit?
Nein, ich selbst bin nicht sehr politisch. Dennoch hat mich der politische Aspekt in der Filmstory sehr interessiert. Es war aber der Autor Ayub Khan-Din, der ihn einbrachte. Schließlich weist die Geschichte, die der Film erzählt, autobiografische Züge auf. Ayub hat vieles davon selbst erlebt, schon deshalb haben wir den Film in der Vergangenheit belassen, wodurch die Distanz größer und damit die Möglichkeit zur kritischen Betrachtung der Thematik besser wird. Ayub porträtiert sich übrigens selbst in dem jüngsten Sohn der Familie, der sich von seinem Parka nicht trennen mag.
Vor East is East hatten Sie nur Kurzfilme gedreht. Was hat Sie bewogen, gerade mit dieser Geschichte über Pakistani Ihre erste Spielfilmregie zu übernehmen?
Das Drehbuch – wenn es so gut ist wie dieses – da muss man einfach zugreifen, das bekommt man nicht alle Tage geboten. Ich mag auch solche realistischen Stoffe und finde es aufregend, so wirklichkeitsnah wie möglich zu drehen. Dazu gehören u. a. der Zeitdruck, die Low-Budget-Situation und das "Let's do it". Wahnsinnig gerne würde ich auch einen "Dogma"-Film drehen und einfach mit der Kamera losziehen.
Autor/in: Frauke Hanck, 08.12.2006