In einem abgelegenen und mit Brettern vernagelten Haus am Rand eines britischen Moores findet die Polizei einen traumatisierten Mann, der völlig apathisch seit sieben Tagen neben der Leiche seiner Frau sitzt. Rätselhaft bleibt zunächst, wie die Frau ertrinken konnte. 23 Jahre später beziehen der Schriftsteller Martin und seine Frau Ellen das vergammelte Haus. Sie wollen nach dem tragischen Tod ihres kleinen Sohnes in der Einsamkeit wieder Ruhe in ihr Leben bringen. Doch bereits kurz nach dem Einzug erhält Ellen geheimnisvolle Ankündigungen ihres eigenen Todes, die niemand außer ihr wahrzunehmen scheint.
Schreckliche Geheimnisse
Auf die wachsenden Ängste seiner Frau reagiert Martin zunehmend gereizt und aggressiv. Während er sich in seine Arbeit stürzt, versucht Ellen bei verschlossenen Nachbarn, mehr über die mysteriöse Vergangenheit des Hauses herauszubekommen. Ihre Nachforschungen und ein Gespräch mit einem Vorbesitzer, der in einer geschlossenen Anstalt lebt, ergeben, dass an dem betreffenden Ort seit dem Mittelalter immer wieder schreckliche Verbrechen geschahen. Als für Ellen der vermeintlich letzte der verkündeten sieben Tage anbricht, spitzen sich die dramatischen Ereignisse zu ...
Eine deutsche Produktion
Mit internationalen Stars wie Amanda Plummer und Sean Pertwee drehte der deutsche Newcomer Sebastian Niemann in englischer Sprache einen zünftigen Horrorfilm, der sich auch international sehen lassen kann. Obwohl die Ausgangskonstellation wenig plausibel wirkt und die Logik der Story einer kritischen Überprüfung nur teilweise standhält, sorgt die clevere Inszenierung dank pointierter Schockeffekte und wohlkalkuliert gesetzter Digitaltricks von der ersten bis zur letzten Minute für Spannung. Im Unterschied zu aktuellen Teenie-Schockern wie
Scream und Nachfolgern setzt Niemann nicht auf blutige Killerszenen, sondern auf unterschwelligen Psychohorror.
Albträume oder Realität?
Psychologisch geschickt verknüpfen die Filmemacher die mysteriösen Ereignisse rund um das Haus mit den Biografien der Hauptfiguren. Martin verdient sein Geld mit dem Schreiben von Gruselromanen und scheint insofern prädestiniert dafür, von bösen Geistern vereinnahmt zu werden. In einem Flashback sieht man, wie er und Ellen vor einiger Zeit miterlebten, wie ihr kleiner Sohn Tommy beim Frühstück eine Wespe verschluckte und plötzlich verzweifelt nach Luft rang. Während seine Eltern noch darüber stritten, wie und wo man einen Luftröhrenschnitt ansetzt, starb der Junge unter Martins Händen. Als Ellen nun eines Nachts von ihrem scheinbar wiederauferstandenen Sohn aufgeweckt und ins sumpfige Moor gelockt wird, erweckt das zunächst den Eindruck, es handele sich um einen Albtraum oder die Folge eines Schuldkomplexes. Amanda Plummer gelingt es eindrucksvoll, die zunehmende Panik einer vom Schicksal gebrochenen und verängstigten Frau darzustellen, die beinahe selbst glaubt, wahnsinnig zu sein, doch dann ums Überleben kämpft.
Verdrängen oder Standhalten?
Gesteigert wird die bedrohliche Atmosphäre zum einen durch die Abgeschiedenheit des Ortes, zum anderen durch die Verschlossenheit der Nachbarn. Fast alle verdrängen die unerklärlichen Schreckensereignisse lieber, als sich mit ihnen offen auseinander zu setzen. Dass die Nachbarn die neuen Bewohner des Gruselhauses nicht warnen, sondern diese geradewegs ins Unglück rennen lassen, mag ein kritischer Reflex auf wachsende zwischenmenschliche Gleichgültigkeit in einer anonymen, modernen Gesellschaft sein, in der traditionelle Bindungen an Bedeutung verlieren. Nur der frühere Polizist, der einst die ertrunkene Frau fand, bricht schließlich aus dem Teufelskreis des Schweigens aus und stellt sich der unseligen Vergangenheit. In einer weitergehenden Bedeutung vermittelt der Film damit, dass verdrängte Untaten einer Gesellschaft erst zur Ruhe kommen, bis sie offen ausgesprochen und gesühnt werden. Wer möchte, kann diese Botschaft auch auf tatsächliche weltgeschichtliche Ereignisse übertragen.
Rückzug auf das Genre
Je weiter die Handlung fortschreitet, umso mehr verwischen sich die Grenzen zwischen Realität und Fantasie, Vision und Alltagswahrnehmung. Je näher dann aber das Ende rückt, desto plakativer werden die Gestaltungsmittel und irrealer die Erklärungsansätze. So bleibt ungewiss, warum die 'Untoten', die gnadenlose Richter hier vor Jahrhunderten als Verbrecher lebendig ins Moor stießen ließen, nun andere Unschuldige quälen und töten. Dass Niemann hier nur oberflächlich zu einem Standardmotiv des Horrorgenres Zuflucht nimmt, das zwar den Anlass für einen spektakulären Action-Showdown liefert, aber handlungslogisch unzureichend mit den Kernkonflikten verknüpft wird, ist die größte Schwäche dieses Debüts, das ansonsten durchaus solide inszeniert wurde. Etwas problematisch wirkt die zu Grunde liegende, pessimistische Weltsicht: Die blinde Rachsucht der grausam Hingerichteten führt nur zu neuem Unrecht, während die ursprünglichen Täter ungestraft bleiben. Der Teufelskreis aus Machtmissbrauch und Gewalt scheint sich zu schließen. Mit dem bedingungslosen Kampf der Frau, die am Ende genrespezifisch die Dämonen überwindet und den Ehemann erlöst, bietet die Inszenierung dann wiederum einen konventionellen Erlösungsschluss, der sich einer tiefer gehenden Reflexion über das Spannungsverhältnis von Gut und Böse entzieht.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.01.2001