Maggie Peren, 1974 in Heidelberg geboren, begann 1996 nach einer Schauspielausbildung in Manchester ein Literaturstudium in München. Mit dem Drehbuch zu
Vergiss Amerika (Vanessa Jopp, Deutschland 2000) begann ihre Karriere als Drehbuchautorin. Sie schrieb, zum Teil auch als Co-Autorin, unter anderem die Vorlagen für
Mädchen, Mädchen! (Dennis Gansel, Deutschland 2001),
Napola – Elite für den Führer (Dennis Gansel Deutschland 2004),
Liebes Spiel (Britta Sauer, Deutschland 2005) und
Hände weg von Mississippi (Detlev Buck, Deutschland 2007), der den Bayerischen und den Deutschen Filmpreis als bester Kinder- und Jugendfilm erhielt.
Die Farbe des Ozeans ist die zweite Regiearbeit von Maggie Peren.
Frau Peren, Ihr Film Die Farbe des Ozeans beschäftigt sich mit der Problematik westafrikanischer Bootsflüchtlinge. Was hat Ihr Interesse an dem Thema geweckt?
Ich habe einen Dokumentarfilm gesehen, in dem ein Vertreter der Welthungerhilfe erklärte, wieso die Menschen in Westafrika so oft auf die Boote gehen, obwohl im Senegal schon seit 20 Jahren Frieden ist. Ich wusste bis dahin nicht, dass wir unsere hoch subventionierten Lebensmittel an die Staaten dort ausführen und damit die Märkte zerstören. Senegalesische Freunde haben mir beispielsweise gesagt, dass es bei ihnen auf dem Markt zwar Fleisch aus Bayern gibt, aber nur sehr weniges, was auch vor Ort hergestellt wird.
Den Menschen wird also die Lebensgrundlage entzogen…
Ja, und mir wurde dann klar, wie pervers das ist, dass wir Menschen aus Westafrika ablehnen, weil sie in unseren Augen Wirtschaftsflüchtlinge sind. Man nimmt ihnen erst das Brot vom Teller und dann beklagt man sich, dass sie zu einem kommen, weil sie hungrig sind. Für meinen Film habe ich die Flüchtlingsroute aus Westafrika gewählt, weil das eine Schuld ist, die wir Europäer tragen und die wir uns auch anschauen sollten. Denn die Menschen müssten definitiv nicht auf die Boote. Jeder Senegalese, der bei einer Überfahrt stirbt, ist von Europa verschuldet.
Wie haben Sie für den Film recherchiert?
Man kann alles im Internet recherchieren, nur nicht wie es in den Flüchtlingslagern aussieht. Es darf niemand rein, nicht einmal Politiker. Das mussten mir dann die Flüchtlinge rekonstruieren, die ich für die Recherche getroffen habe.
Warum haben Sie die Thematik von unterschiedlichen Seiten beleuchtet?
Es wird die "Erste", "Zweite" und "Dritte Welt" gezeigt. Da gibt es die Menschen, die auf Gran Canaria Urlaub machen. Die "Zweite Welt" ist für mich die des spanischen Polizisten, des Drogenkonsums und der niedrigen Verdienste. Es ist ja bekannt, dass Polizisten in Spanien sehr wenig verdienen. Die "Dritte Welt" kommt aus den Entwicklungsländern. Ich wollte zeigen, wie diese Welten zu einander in Bezug stehen und wie letztlich aber auch jeder in seiner Welt gefangen ist.
Bestätigt man nicht Stereotypen, wenn man Figuren wie den afrikanischen Drogenhändler zeigt?
Wenn man als Flüchtling auf Gran Canaria ankommt, muss man seine Kleidung abgeben und bekommt eine billige, in China hergestellte Hose. Irgendwann, mit etwas Glück, wird man dann in ein Flugzeug nach Madrid gesetzt und ist dort dann ohne Wohnung, ohne Arbeit, einfach mit nichts. Dann kann man schnell Geld verdienen, indem man bei einem Drogendeal Schmiere steht und hat dann sogar noch 300 Euro, die nach Hause geschickt werden können. Oder man versucht, sich drei Jahre nichts zu Schulden kommen zu lassen, um dann beantragen zu können, dass man dort bleiben darf. Das heißt aber, dass man unter schwersten Arbeitsbedingungen sein Geld verdient. Da zwischen A und B zu entscheiden, ist nicht einfach.
Was wären konkrete Lösungsansätze, um zu verhindern, dass die Menschen aus Westafrika flüchten?
Also ganz konkret wäre dort schon viel geholfen, wenn Europa keine subventionierten Lebensmittel mehr hinschicken würde. Was dort gemacht wird, ist eine Monopolverletzung.
Einige Fragen in Ihrem Film – wie der Mord an dem Flüchtling Zola – werden nicht eindeutig beantwortet…
Man weiß nicht, wer Zola umgebracht hat. Das wollte ich auch so, es ist nur eine Möglichkeit, dass es der Polizist gewesen ist. Außerdem denken alle immer, ich hätte einen Film über afrikanische Flüchtlinge gemacht. Im Grunde geht es aber um hilflose Helfer, von denen anhand dieser Problematik erzählt wird.
Welche Standpunkte können Schüler und Schülerinnen für sich aus dem Film ziehen?
Die Schüler auf dem diesjährigen Max-Ophüls-Festival haben klar gesagt, dass sie dem Polizisten José am Ende zustimmen und es immer besser ist zu helfen. Die Schüler haben das schon sehr gut verstanden, dass der Film zeigen soll, dass man gibt und nicht immer alles zerredet – auch wenn es nur im ganz Kleinen ist.