Die zehnjährige Mimi fühlt sich abgeschoben. Was soll sie in den Ferien auf Rügen, bei einem Opa, den sie kaum kennt, und bei einer ziemlich albernen Tante? New York, das wäre für sie ein Reiseziel gewesen. Davon träumt sie, wenn sie Trompete spielt und dabei für ihr Jazz-Idol Dizzy Gillespie schwärmt. Doch wie das so ist im Leben, die besonderen Erfahrungen werden oft da gemacht, wo man sie nicht erwartet. Mimi trifft Edwin, ein aufgewecktes Kerlchen, und freundet sich mit ihm an. Und ihr läuft ein Hund zu, den sie Dizzy nennt. Doch das Tier wird von zwei merkwürdigen Gestalten verfolgt; auch der schicke Herr Schäfer, der auf der Insel eine Kosmetikfabrik betreibt, zeigt sich merkwürdig aufgeregt, wenn es um den Hund geht. Eine böse Ahnung verdichtet sich: In der Fabrik werden unerlaubte Tierversuche durchgeführt. Mimi versteht sich inzwischen gut mit ihren Verwandten, denn beide Seiten haben gelernt, die äußeren Unterschiede im Lebensstil des anderen zu akzeptieren. So machen sie sich gemeinsam auf, die Tiere zu befreien.
Die Regisseurin Steffi Kammermeier hat mit Antonia Reß und Max Riedel zwei ausdrucksstarke Darsteller für die Kinderrollen gefunden. Sie werden schnell zu Sympathieträgern für die Zuschauer. Obwohl eine Kriminalgeschichte, dominiert im Film die leicht romantische Ferienstimmung. Das Böse lässt sich besiegen, wenn man nur seinen guten Gefühlen folgt. Die Idee für diesen Film hatte Steffi Kammermeier bereits 1984 während ihres Studiums an der Münchner Filmhochschule. Damals war es die Generationsfrage, die Beziehung zwischen einem Großvater und dessen Enkelkind, die sie besonders interessierte. Wie die Regisseurin sagt, sei ihr beim Arbeiten an der Geschichte "dann der Hund zugelaufen". Der Hund, ein beliebtes Element im Kinderfilm, ist in diesem Fall jedoch eine gequälte Kreatur. Damit war ein weiteres wichtiges Thema in den Film eingeführt: Tierversuche. Deutlich genug, doch ohne Schockmomente wird dieses Problemfeld im Film vermittelt. Kammermeier konzentriert sich dabei auf die Beziehung zwischen Mimi und Dizzy, was den jungen Zuschauern entgegenkommt. Sie werden in eine für sie spannende Handlung einbezogen. Für Differenzierungen lässt der Film allerdings keinen Raum, zumal die Bösewichte als solche derb überzeichnet sind.
Ein dritter Aspekt ergab sich mit dem Drehort. Die Regisseurin musste sehr lange um die Finanzierung des Films kämpfen. In der Zwischenzeit war die Mauer in Deutschland gefallen und das, was in den bayerischen Bergen erdacht war, wurde nun in Vorpommern realisiert. Im Film treffen Menschen aus Ost- und Westdeutschland einige Zeit nach der Wende aufeinander. Sie sprechen die gleiche Sprache, sind teilweise sogar miteinander verwandt – und doch müssen sie sich mit ihren unterschiedlichen Sozialisationserfahrungen erst langsam aufeinander einstellen, bis sie solidarisch handeln können. Der Film zeigt Mimi nicht als alleinige Retterin der Tiere. Bevor sie wirklich etwas für den Hund tun kann, gewinnt sie wichtige Freunde. Da sind Edwin, ein Junge von der Insel, und Marietta, die aus dem Westen zugereiste Tochter des Kosmetikfabrikanten. Für diese wird die Solidarität unter Kindern schließlich wichtiger als der häusliche Gehorsam. Wenn am Ende des Films auch der Opa, dessen Freundin und die Tante bei der Rettung des Hundes helfen, so ist das ein Zeichen dafür, dass Mimi inzwischen die Herzen der ihr einst sehr fremden Menschen gewonnen hat. Für eine tiefer gehende Darstellung des Verhältnisses zwischen Großvater und Enkeltochter ließ die Dramaturgie des Film allerdings keinen Platz mehr.
Autor/in: Klaus-Dieter Felsmann, 01.09.1997