Zum Vater wider Willen wird ausgerechnet der überzeugte Junggeselle Frantisek. Um den kargen Lohn aufzubessern, den der virtuose Cellist 1988 in Prag mit Auftritten bei Feuerbestattungen verdient, geht er eine Scheinehe mit einer jungen Russin ein, die damit ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der Tschechoslowakei erwirbt. Als sie sich jedoch nach Deutschland absetzt und ihren nur russisch sprechenden Sohn Kolya zurücklässt, muss sich der 55-jährige widerstrebend um den Fünfjährigen kümmern. Nach anfänglichen Schwierigkeiten fassen beide Vertrauen zueinander und werden Freunde. Die sensibel inszenierte Vater-Sohn-Geschichte spiegelt sich im Realen: Der Autor und Schauspieler Zdenek Sverák schrieb das Drehbuch und spielt die Hauptrolle, während Sohn Jan Regie führt. Das Family-Joint-Venture, das neben etlichen europäischen Preisen 1996 den 'Oscar' und den 'Golden Globe' für den besten nicht-englischsprachigen Film erhielt, ist zwar kein Kinderfilm im engeren Sinn, an der gerade erzählten, einfachen Geschichte werden aber auch junge Zuschauer ihre Freude haben.
Warmherzig, manchmal auch etwas sentimental, schildert der Regisseur die hindernisreiche Annäherung zwischen den beiden einander so fremden 'Männern', wobei eine gut proportionierte Situationskomik und außergewöhnlich präzise Dialoge für die nötige Auflockerung sorgen. Dass die leise Tragikomödie weitgehend aus der Perspektive Frantiseks erzählt wird, dürfte für ein junges Publikum kein Problem darstellen. Verständnisschwierigkeiten könnte es dafür bei den eingeschobenen Dokumentaraufnahmen über die "Samtene Revolution" von 1989 und die vielschichtigen Anspielungen auf die kommunistische Diktatur und die 40-jährige sowjetische Herrschaft geben. Indem die Zwangsgemeinschaft zwischen älterem Tschechen und hilflosem Russen die einstigen realen Machtverhältnisse ironisch konterkariert, weist
Kolya zugleich den Weg für einen Neuanfang.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.09.1997