(Lebens-)Krisen als Chance
Mit dem Begriff 'Krise' verbinden viele Menschen Hilflosigkeit, Leere, Angst, Panik, Desorientiertheit und vor allem Misserfolg – also negativ bewertete Eigenschaften, die keiner will. Das Wort 'Krise' leitet sich aus dem griechischen 'krisis' ab und meint eine entscheidende, schwierige Situation, einen Wendepunkt. Das chinesische Schriftzeichen für Krise ist identisch mit dem für Gefahr und Chance. Im deutschen Sprachgebrauch wird der Begriff 'Krise' weitgehend auf den negativen Aspekt begrenzt, die Sicht der Dinge damit jedoch gewaltig und oft entscheidend zum Nachteil beschränkt. Eine Krise bedeutet nicht nur Konfrontation und Bedrohung. Man hat durchaus die Wahl, diese Herausforderung bewusst anzunehmen. Die meisten Menschen versuchen, Krisensituationen zu verdrängen, doch dies führt oft zu Spätfolgen, im Fachjargon als "Posttraumatisches Stresssymptom" bezeichnet. Verdrängte Empfindungen suchen sich später mit großer Macht andere Wege und können sich in starken Ängsten oder unheilvoller Wut, in Depressionen oder Aggressionen äußern.
In eine Krise können alle natürlichen und willkürlichen Wechsel im Leben führen, die eine Änderung und Veränderung der bisher gewohnten Lebensweise nach sich ziehen – aber nicht jede Krise wirft einen gleichermaßen aus der Bahn. Je mehr Vorurteile, unrealistische Vorstellungen und vor allem gesellschaftliche Normen den Blick für die Wirklichkeit trüben, desto größer ist die Gefahr, in der Krise zu versinken. Für die positive persönliche Entwicklung ist jedoch die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie, mit dem Elternhaus, mit elterlichen Werten und Normen eine wichtige Voraussetzung.
Autor/in: Gitta Rübsaat (Psychologin), 12.12.2006