John le Carré ist berühmt für die ersten Sätze seiner Romane. "Die Nachricht erschütterte das Britische Hochkommissariat in Nairobi an einem Montagmorgen um neun Uhr dreißig." So beginnt sein Buch "Der ewige Gärtner" und man ahnt, dass etwas sehr Beunruhigendes auf den folgenden 558 Seiten erzählt werden wird. Danach ist zu lesen, dass Tessa Quayle, die schöne, offenbar aber auch politisch aktive Frau des britischen Diplomaten Justin, ermordet worden ist. Justin wird von dieser schockierenden Nachricht in seinem geliebten Garten überrascht und beschließt, dem Fall auf eigene Faust nachzugehen und die Mörder seiner Frau zu finden. Bald stellt sich heraus, dass die mächtige internationale Pharmaindustrie hinter dem Komplott steckt, die sich durch die für sie peinlichen Recherchen von Tessa Quayle bedroht fühlte.
Eine atmosphärisch dichte Inszenierung
Der brasilianische Regisseur Fernando Meirelles, dessen viel beachteter Film
City of God in die Favelas von Rio de Janeiro führte, schien dafür prädestiniert, aus dem Weltbestseller einen Kinofilm zu machen, der die entsprechenden Orte von Armut, Hoffnungslosigkeit und Gewalt in Afrika abbildet. Und es ist ihm tatsächlich gut gelungen. Wenn der von Ralph Fiennes gespielte Justin Hilfe suchend über die Märkte in Kenia läuft oder die von Rachel Weisz porträtierte Tessa dort einkauft, vermittelt die ständig präsente Handkamera ein Gefühl von Authentizität, das man in aktuellen Filmen selten sieht. In einigen Szenen führt sogar Fiennes selbst die Kamera, die damit seinen Blickwinkel vollkommen wiedergibt. Regisseur und Hauptdarsteller gelingt es in solchen Momenten perfekt, Stimmungen einzufangen und die einzigartige Atmosphäre dieses Landes spürbar zu machen. Seine Erfahrungen mit den Armenvierteln von Brasilien halfen ihm dabei allerdings weniger als zu vermuten wäre. Meirelles selbst war überrascht von den Gegensätzen der beiden Kontinente und hat daraus gelernt, "dass die Lücke zwischen Afrika und Südamerika größer ist als die zwischen Südamerika und den westlichen Ländern. Es gibt keine stabile Demokratie und viel Armut. Ich denke aber zumindest, dass mir meine brasilianische Herkunft half, den Film anders zu machen, als wenn ihn ein britischer Regisseur inszeniert hätte. Ich identifiziere mich auf jeden Fall mehr mit Kenia als mit den Briten." Die afrikanische Perspektive vermittelt der Film jedoch nur bedingt, denn tatsächlich stehen nicht die Schwarzen in Kenia, sondern das Ehepaar Quayle sowie deren Vorgesetzte in Nairobi und London im Mittelpunkt. Vor allem der von Bill Nighy gespielte weiße Geschäftsmann Sir Bernard Pellegrin hat eine effektive Nebenrolle als gefährlicher Karrierist, die er mit Bravour erfüllt.
Afrika als authentisch wirkende Kulisse
Deutlich im Film zu spüren sind die Probleme mit der Umsetzung des langen Romans, die über die obligatorischen Kürzungen und den Verzicht auf einige Nebenstränge hinausgehen und Afrika zu sehr als Kulisse verwenden. Die Probleme begannen bereits in der Vorproduktion durch die Absage von Mike Newell, der den Film ursprünglich inszenieren sollte. Auch der damalige Drehbuchautor wurde ausgetauscht und durch Jeffrey Caine ersetzt, mit dem zusammen Meirelles am Drehbuch arbeitete. Meirelles nahm in seiner Bearbeitung viele britische Charaktere heraus, integrierte zusätzliche Szenen in den Straßen von Nairobi, verzichtete aber auch auf bereits gedrehte Sequenzen zugunsten der Beziehung zwischen Tessa und Justin. Eher Verwirrung als die wohl beabsichtigte Spannung löst die Entscheidung von Regisseur und Drehbuchautor aus, auf Kosten der stringenten Erzählweise le Carrés stark auf Rückblenden zu vertrauen. Ein großer Pluspunkt ist die eingefangene Authentizität des Films. Meirelles richtet im Gegensatz zu vielen anderen Regisseuren nicht erst Licht und Kamera ein, bevor er dreht, sondern ruft die Akteure zu sich, fängt an zu drehen und korrigiert während der Aufnahmen die technischen Möglichkeiten: "Somit erreiche ich nicht immer das beste Licht, aber mehr Spontaneität der Mitwirkenden." Trotz einiger Mängel ist die überdeutliche Anklage gegen die Pharmaindustrie dem Film erhalten geblieben. Nach der potenziellen Wirkung seines Films befragt, bleibt Meirelles jedoch Realist: "Meiner Meinung nach kann ein Film nichts ändern, aber etwas Aufmerksamkeit erregen. Wenn es mir gelingt, die Firmen etwas zu ärgern, dann bin ich schon zufrieden."
Autor/in: Siegfried Tesche, 01.11.2005