Arbeitsblatt
Aufgabe 1: Flashbacks (Rückblenden) analysieren
a) Beschreiben Sie, wie der Film
Der Vorleser dramaturgisch und ästhetisch den Zeitwechsel von dem erwachsenen Rechtsanwalt Berg im Jahre 1995 zu dem 15-jährigen Schüler Michael im Jahre 1958 darstellt.
b) Stellen Sie in einem Zeitstrahl den Handlungsablauf in Stichworten chronologisch dar. Erzählen Sie zusammen mit einem Partner oder einer Partnerin den wesentlichen Inhalt des Plots nach.
c) Zeigen Sie auf, an welchen Stellen der Film mit Zeitsprüngen und Erinnerungssequenzen (
Flashbacks) arbeitet. Diskutieren Sie, warum keine
Rückblenden zu Hanna Schmitz' Zeit als Aufseherin gezeigt werden. Analysieren Sie auch die unterschiedliche Wirkung der Flashback-Struktur im Film verglichen zu der chronologischen Erzählstruktur des Buches.
Aufgabe 2: Wasser als Leitmotiv erkennen und einsetzen
a) Notieren Sie in einem Cluster unterschiedliche Assoziationen, die Sie mit Wasser verbinden.
b) Sammeln Sie Filmszenen, in denen Wasser – auch in gefrorenem Zustand – vorkommt. Versuchen Sie, diese mit Hilfe des Clusters zu deuten.
c) Schauen Sie sich erneut die Szene an, in der Michael Berg nach Hannas Verschwinden im See schwimmt. Beschreiben Sie die Wirkung der Vogelperspektive in dieser Szene.
d) Konzipieren Sie eine Abfolge von drei Bildeinstellungen, zum Beispiel zum Thema Schuld, in denen Wasser eine symbolische Rolle entfaltet.
Aufgabe 3: Inszenierung des Gerichtsprozesses untersuchen
a) Schauen Sie sich die Szenen an, in denen Hanna Schmitz vor Gericht steht. Beschreiben Sie das Verhalten der angeklagten Frauen, des Richters und des Verteidigers von Hanna Schmitz und erläutern Sie, ob oder wie sich die fiktionale Darstellung des Prozesses von dokumentarischen Aufnahmen unterscheidet.
b) Beschreiben Sie die Stimmungen und Gefühle, die Sie als Zuschauer oder Zuschauerin während des Gerichtsprozesses erleben. Erläutern Sie die Emotionen, die das Verhalten der Täterinnen bei ihnen erzeugt haben.
c) Schreiben Sie aus der Perspektive eines Journalisten oder einer Journalistin vor Ort einen kurzen Prozessbericht für eine Zeitung. Untersuchen Sie, ob sich die Sicht auf Hanna und ihre Taten durch diese Perspektive ändert.
d) Erläutern Sie den Begriff "Multiperspektivität" und diskutieren Sie, inwiefern der Film
Der Vorleser unterschiedliche Perspektiven auf Hannas Verbrechen darstellt.
Aufgabe 4: Umgang mit NS-Tätern diskutieren
a) Wie schätzen Sie intuitiv das Strafmaß für Hanna Schmitz und die anderen Angeklagten ein. Diskutieren Sie die Frage, ob sich solche Verbrechen überhaupt gerecht beurteilen lassen. Stellen Sie sich vor, Hanna Schmitz, ihr Anwalt oder Michael Berg hätten den Richter über den Analphabetismus der Angeklagten informiert. Entwickeln Sie Möglichkeiten eines alternativen Prozessverlaufs.
b) Schauen Sie sich die Streitgespräche zwischen den Studierenden und Professor Rohl in dem Heidelberger Hörsaal erneut an. Listen Sie die Argumente der einzelnen Personen auf und führen Sie das Streitgespräch weiter.
c) Analysieren Sie mögliche Gründe für Hanna Schmitz' Selbstmord.
Aufgabe 5: Vorlesen und Lesen in Film und Roman untersuchen
a) Listen Sie die Titel der Bücher auf, die Michael Berg Hanna Schmitz vorliest. Stellen Sie eines dieser Bücher in einem Kurzreferat vor.
b) Stellen Sie Hypothesen darüber auf, welche Wirkung das Vorlesen und später das eigene Lesen auf Hanna Schmitz haben.
c) Vergleichen Sie die Szenen, in denen Michael Berg vorliest, in Roman und Film: Wie wird das Vorlesen in den beiden Medien inszeniert?
d) Beurteilen Sie, ob der Analphabetismus von Hanna Schmitz im übertragenen Sinne mehr bedeutet als die Unfähigkeit zu lesen und zu schreiben.
Aufgabe 6: Hauptfiguren charakterisieren
a) Schildern Sie Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen von Michael Berg aus der Perspektive seiner Mutter, seines Professors, seiner geschiedenen Ehefrau Gertrud und seiner Tochter. Erörtern Sie gemeinsam, welchen Einfluss Hanna Schmitz auf sein Leben hatte.
b) Bilden Sie Dreiergruppen aus einem Standbildbauer und zwei weiteren Person zur Darstellung von Michael Berg und Hanna Schmitz. Stellen Sie als Standbildbauer die Personen zueinander in drei Bildern auf. Den Zeitpunkt, den die Bilder darstellen, können Sie selbst bestimmen. Die Nähe und Distanz zueinander sowie Mimik und Gestik soll über die Beziehung beider Figuren Aufschluss geben.
c) Kate Winslet erhielt 2009 den Golden Globe für ihre Darstellung der Hanna Schmitz. Beurteilen Sie ihre schauspielerische Qualität nach den Kategorien Glaubwürdigkeit, Wandlungsfähigkeit und Körpersprache.
Aufgabe 7: Geschichte im Film entdecken
a) Prüfen Sie anhand der Biografie
www.dhm.de/lemo/html/biografien, ob die reale Person der Lageraufseherin Hermine Braunsteiner-Ryan ein Vorbild für die literarische Figur der Hanna Schmitz oder einer der anderen Angeklagten gewesen sein könnte.
b) Der Filmwissenschaftler Tobias Ebbrecht nennt Filme, die Geschichte als abgeschlossene Handlung mit einer strikten Trennung von Gut und Böse darstellen, "filmische Geschichtsfiktion" (siehe auch
Interview auf kinofenster.de). Trifft diese Bezeichnung Ihrer Meinung nach auf den Film
Der Vorleser zu?
c) Diskutieren Sie die Aussage der Holocaust-Überlebenden in New York: "Aus Auschwitz lernt man gar nichts".
d) Happy End oder offene Geschichte? Interpretieren Sie das Ende von
Der Vorleser und stellen Sie Bezüge zum Anfang des Films her.
Aufgabe 8: Als Geschichtsdetektive Filme rund um den Nationalsozialismus untersuchen
a) Bilden Sie Viererteams. Wählen Sie mit Ihrem Team einen Film aus, der sich mit Tätern im Nationalsozialismus beschäftigt.
b) Analysieren Sie, wie der Film die Handlungen des Täters oder der Täter darstellt und begründet. Achten Sie zum Beispiel auf:
-
Kameraperspektiven, die durch Unter- und Obersicht Macht und Ohnmacht ausdrücken können
- Licht, Ton und
Filmmusik
- Erzählperspektive
- das Filmgenre
c) Erarbeiten Sie in Ihrer Gruppe ein Konzept, wie Sie Täter des Nationalsozialismus filmisch darstellen würden. Gehen Sie dabei beispielsweise auf äußere Merkmale, Kostüm, Dialoge oder filmische Darstellungsmittel ein.
d) Diskutieren Sie, ob und wie Spiel- und Dokumentarfilme als Geschichtsquellen verwendet werden können.
Autor/in: Petra Anders, Lehrerin für Deutsch und Geschichte, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bremen, 28.01.2009
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