Alle Menschen verschusseln mal etwas, das ist normal. Die wenigen Einwohner/-innen eines namenlosen
Dorfs in Norwegen treiben es mit ihrer Zerstreutheit aber auf die Spitze: Sie vergessen nicht nur Kleinigkeiten oder ihre Träume, sondern alles. Deshalb wissen wir nicht, ob die rothaarige Elise sieben, acht oder neun Jahre alt ist. Auch die Schule fällt ständig aus – tja, verbummelt. Elise lebt mit ihrem Vater, der Tante sowie einer Gans und einer Maus entsprechend sorglos in den Tag hinein. Bis ein hölzerner Adventskalender vom Dachboden die Neugier des Mädchens weckt. Elise hat in diesem verschneiten Dezember ohnehin das Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Die Nachforschungen führen sie am Tag vor Heiligabend zum Tischlersohn Andersen und der Erkenntnis, dass in ihrer Heimat sogar die Erinnerung an Weihnachten verblasst ist! Der Weihnachtsmann persönlich hilft, das Versäumnis auszubügeln.
Der norwegische Publikumserfolg
nach der Kindergeschichte des Autors Alf Prøysen funktioniert vom liebenswerten
Trickvorspann an wie ein Märchen. Die Prämisse mit der Vergesslichkeit dient als Running Gag und bietet zugleich einen Anlass, das Weihnachtsfest neu zu entdecken. Immerhin wissen die gutgelaunten Figuren nichts mehr von der Tradition und lernen den Sinn und Zweck der Feiertage wieder neu kennen. Andrea Eckerbom inszeniert den Weihnachtsfilm in malerisch verschneiten Kulissen mit satten
Farben zur Akzentsetzung, ruhiger
Bildgestaltung und unbeschwerter
Musik. Mit viel Situationskomik bis hin zu
Slapstick geht Eckerbom speziell auf das junge Zielpublikum ein.
Spannungsmomente wie Elises Klettereinlage auf einem rutschigen Dach bleiben Ausnahmen in der auf Gemeinschaft und Zusammenhalt ausgerichteten Geschichte.
Zunächst legt die Filmhandlung ein Gespräch über die Bedeutung von Weihnachten im christlich geprägten Kulturkreis nahe. Was verbinden die Schüler/-innen mit dem Christenfest, welche Rolle spielt es in den Familien und in der Öffentlichkeit? Hier kann in altersgemäßer Weise auch der weihnachtliche "Konsumwahn" debattiert werden, der die erwünschte Besinnlichkeit zuweilen überschattet. Filmsprachlich ist die Frage interessant, welche Stilmittel die Weihnachtsstimmung des Films herstellen. Zu nennen sind hier die warme Ausleuchtung mit Kaminfeuer oder einer Glühwürmchenlampe,
Kostüme wie Wollmützen und Weihnachtspullover, der Weihnachtsstern, der Auftritt des Weihnachtsmanns und die winterlichen Kulissen, die an tschechische Märchenklassiker erinnern. Außerdem kann das Thema Vergesslichkeit besprochen werden. So verzagt Elises Vater wegen seiner Vergesslichkeit und die Abwesenheit der Mutter bleibt ungeklärt – sie wurde scheinbar vergessen.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Reinhard Kleber, 02.11.2021, Vision Kino 2021.
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