Inhalt
Habermann spielt in einem kleinen Dorf im Sudetenland während des Zweiten Weltkriegs. Der Sägewerk- und Mühlenbesitzer August Habermann, ein Nachkomme deutscher Einwanderer, ist der größte Arbeitgeber in seinem Dorf. Die Tatsache, dass er vornehmlich Tschechen beschäftigt und zudem die Halbjüdin Jana heiratet, wird mit dem Einmarsch der Nazis für die Familie Habermann und viele Dorfbewohner zum Verhängnis. Insbesondere Sturmbannführer Koslowski instrumentalisiert den ebenso reichen wie beliebten Unternehmer für seine perfiden und grausamen Pläne. Fortan überschlagen sich die Ereignisse und die Dorfbewohner werden immer tiefer in einen Strudel aus Hass, Neid, Verrat und Gewalt gerissen.
Umsetzung
Das von der bemerkenswerten Arbeit des Regisseurs Juray Herz und einer überzeugenden schauspielerischen Ensembleleistung getragene Drama fokussiert das Schicksal eines deutschen Unternehmers im Kontext der Sudetenvertreibung. Neben der zu Recht prämierten Titelrolle (Mark Waschke) brilliert unter anderem Ben Becker als SS-Mann Koslowski. Visuell und dramaturgisch überzeugt
Habermann über die gesamte Spiellänge. Sowohl die stilsicher und wirkungsvoll umgesetzten Massenszenen als auch die mit größter Sorgfalt entwickelte Figurenkonstellation sind Teil einer funktionierenden Spannungsdramaturgie. Herz hat kein Interesse an einem simplen Gut-Böse-Schema. Zudem meidet er explizite körperliche Gewaltexzesse, sondern konzentriert sich auf den psychischen Terror und die daraus resultierenden Konsequenzen.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Für eine Einordnung des konkret historischen Dramas
Habermann bietet sich vor dem Kinobesuch eine Beschäftigung mit der Geschichte des Sudetenlandes, respektive den Bedingtheiten der Sudetenvertreibung an. Schließlich wird der Zuschauer mit einer Dramaturgie konfrontiert, die sich - der Thematik entsprechend - durch vielschichtige Konflikte auszeichnet, vermischt mit Kollisionen verschiedener Interessen, Mentalitäten, Gefühle und Werte. Der Rezeption des Films sollte zudem eine sorgfältige Nachbereitung hinsichtlich der Visualisierung oder Aussparung von Gewalt folgen. Dies ermöglicht eine Sensibilisierung für die ästhetische Bandbreite physischer und psychischer Gewaltdarstellung und somit für ein gleichermaßen herausragendes wie diffiziles Diskussionsthema.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Carsten Siehl, 04.08.2010, Vision Kino 2010.