Ehrgeizige Experimente des Vaters am eigenen Körper, einen unverletzbaren Übermenschen zu schaffen, haben im Sohn ein genetisches Potenzial geschaffen, dessen sich der inzwischen herangewachsene Wissenschaftler Dr. Bruce Banner gar nicht bewusst ist, zumal er glaubt, seine Eltern seien beide früh gestorben. Einen Unfall im Forschungslabor mit Gammastrahlen, deren Dosis für jeden Menschen tödlich sein müsste, überlebt Banner nahezu unversehrt, mit einer zunächst unerklärbaren Nebenerscheinung: Bei großem Ärger verwandelt er sich vorübergehend in ein riesiges grünes Monster, einen Hulk, der nahezu unverletzbar ist, übermenschliche Kräfte entwickelt und mit Riesensprüngen sogar fliegen kann. Das Militär sperrt ihn daraufhin zu Forschungszwecken ein und jagt ihn nach seiner Flucht erbarmungslos, obwohl Banner nicht die Welt vernichten will, sondern nur seiner Freundin und Kollegin Betty nahe sein möchte. Mit ihrer Hilfe sucht er sein Geheimnis zu ergründen und mehr über seine wahre Herkunft zu erfahren. – Die Figur des Hulk ist eine moderne Mischung aus Frankenstein und Dr. Jekyll und Mister Hyde , mit einem sozialkritischen Schuss von "Der gute Mensch von Sezuan". Dieser kehrt ähnlich wie Hulk und im Gegensatz zu den filmgeschichtlichen Vorbildern nur zeitweise "bei Bedarf" die dunklen, machtorientierten Seiten der eigenen Persönlichkeit hervor, kann bewusst darüber entscheiden. Mit moderner Computeranimation hat Regisseur Ang Lee diese 1962 erstmals in den legendären Marvel-Comics aufgetauchte Figur sehr realistisch in Szene gesetzt und vor allem im ersten Teil des Films großen Wert auf die Herausarbeitung der menschlichen Konflikte gelegt, die um Familie, Liebe, Vertrauen, Macht und vor allem Machtmissbrauch in gesellschaftlichen Dimensionen kreisen. Während viele Menschen ihren berechtigten Ärger mit Gewalt- und Allmachtsfantasien abreagieren, darf Banner im Film leibhaftig zu einem durchaus nicht unsympathischen Monster werden, das dann wie ein böser Junge im Sandkasten die Panzer wie Spielzeug auseinander nimmt und Soldaten wie Schachfiguren umwirft. Dass es trotz vieler Parallelitäten zwischen wirklichem Leben und Fantasie einen wesentlichen Unterschied gibt, lässt der Film mit augenzwinkerndem Humor und einer gelungenen Mischung aus Empathie und Distanz zu den Figuren zum Glück nie im Unklaren.
Autor/in: Holger Twele, 01.07.2003