Die erfahrene Fernsehproduzentin Mary Mapes, die für die Investigativsendung „60 Minutes“ des US-Senders CBS arbeitet, erhält 2004 im Präsidentschaftswahlkampf Zugang zu Dokumenten, die belegen sollen, dass der Amtsinhaber George W. Bush sich mit Hilfe seiner Familie vor dem Vietnamkrieg gedrückt hat und als Militärpilot bei der Nationalgarde nur sehr lückenhaft präsent war. Nach hektischen Recherchen bringt der angesehene Anchorman Dan Rather die Story auf Druck des Senders schnell in die Öffentlichkeit. Sofort stellen konservative Blogger die Echtheit der präsentierten Dokumente infrage. Statt über die mutmaßlichen Fehltritte Bushs reden alle nur noch über die Methoden der Journalisten. Unter dem Druck des Establishments bekommt der Sender kalte Füße und leitet eine Untersuchung ein. Durch die harten Angriffe gerät Mary an ihre persönlichen Grenzen.
Das
Drehbuch des packenden Politdramas stützt sich auf ein Sachbuch der Journalistin Mary Mapes, die nach ihrer Entlassung nicht mehr für das amerikanische Fernsehen gearbeitet hat. Dementsprechend rekonstruiert der konventionell erzählte Film die Ereignisse weitgehend aus der Sicht der Reportertruppe. Allerdings hütet er sich dabei vor plakativen Anti-Bush-Polemik wie vor einer Glorifizierung der engagierten Journalisten/innen. Ins Zentrum rücken vielmehr die detaillierte Rekonstruktion der Rechercheprozesse und die letztlich vergeblichen Bemühungen, die Dokumente und Zeugenaussagen lückenlos zu verifizieren. Da in dem flott
geschnittenen Film viele Akteure auftreten, ist beim nicht-amerikanischen Publikum ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit hilfreich, zumal die detailfreudige Darstellung ein Minimum an Hintergrundwissen über die politischen Strukturen der USA voraussetzt.
Als Einstieg bietet sich eine Diskussion über die Frage an, warum Mapes und Rather letztlich ausgebootet wurden: Haben Sie nicht sorgfältig genug recherchiert? Oder haben einflussreiche Kräfte sie nur zu früh gehindert, weiter zu recherchieren? Sind sie gar in eine Falle raffinierter Wahlkämpfer gestolpert? Das furchtsame Verhalten der Führung des werbefinanzierten Senders liefert Anhaltspunkte für eine Analyse der zunehmend schwieriger werdenden Rahmenbedingungen für einen unabhängigen Journalismus. Auch liegt es nahe, am Beispiel der mutigen Mapes, die den Lebensunterhalt ihrer Familie bestreitet, die Grenzen der Zivilcourage auszuloten. Des weiteren können Schüler/innen typische Erzählmuster von Enthüllungsdramen bestimmen und mit Klassikern wie "Die Unbestechlichen" (1976) oder dem aktuellen Oscar-Gewinner
Spotlight vergleichen. Gerade in Zeiten, in denen der historisch belastete Schmähbegriff 'Lügenpresse' wieder umgeht, illustriert der Film anschaulich die Notwendigkeit des investigativen Journalismus, der als Kontrollinstrument der Demokratie neues Gewicht gewinnt.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Reinhard Kleber, 26.05.2016, Vision Kino 2016.
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