Der Ex-DDR-Bürger Martin macht auf kuriose Weise einen Zeitsprung in die bundesdeutsche Gegenwart. Elf Jahre nach dem Mauerfall wird er aus dem Gefängnis Brandenburg in ein vereintes Deutschland entlassen, das er fast nur aus dem Fernsehen kennt. Martin möchte endlich seinen Sohn Rokko kennen lernen, der vor seiner Inhaftierung noch gar nicht geboren war. Seine Ex-Frau Manuela lebt inzwischen jedoch mit einem westdeutschen Lehrer zusammen. Martins ersehnter Neuanfang im bürgerlichen Leben gestaltet sich schwieriger als erwartet. Als er trotz fleißiger Suche keinen regulären Arbeitsplatz findet, nimmt er das Angebot eines Ex-Mitgefangenen an, in einer zwielichtigen Sexvideothek zu jobben. – So authentisch Regisseur Hannes Stöhr die sozialen Brennpunkte im heutigen Ostberlin ins Bild setzt und so deprimierend manche gescheiterten Nachwende-Existenzen auch wirken mögen, das Publikum wird hier nicht in die Hoffnungslosigkeit entlassen. Am Ende eröffnet sich für die kantige Hauptfigur zumindest die Chance sozialer Re-Integration. Nach dem Vorbild britischer Sozialdramen lenkt Stöhr das Augenmerk auf die emotionalen Konflikte, wobei er jeden Anflug von Larmoyanz vermeidet. In Jörg Schüttauf und Julia Jäger hat er zwei Hauptdarsteller gefunden, die diese vom Schicksal gebeutelten Figuren mit ihren seelischen Verletzungen anrührend glaubhaft machen. Bemerkenswert sind vor allem die Genauigkeit der sozialen Analyse und die Ökonomie des visuellen Erzählens. Die skurrile Tragikomödie erhielt bereits mehrere Preise, darunter auf der Berlinale 2001 den Panorama-Publikumspreis und auf dem Filmkunstfest Schwerin den Publikumspreis.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.11.2001