Die US-Modedesignerin und Pferdebesitzerin Cindy Meehl begleitet für ihren ersten langen Dokumentarfilm zwei Jahre lang den Pferdetrainer Dan "Buck" Brannaman, der seit 1983 etwa 40 Wochen im Jahr Seminare, sogenannte Clinics, für Reiter/innen mit widerspenstigen Pferden gibt. Er war das reale Vorbild für den Roman Der Pferdeflüsterer von Nicolas Evans und die gleichnamige Verfilmung von und mit Robert Redford. Buck schildert Brannamans Lebensweg von einer leidvollen Kindheit bis zur Gegenwart, in der er sehr erfolgreich seine Auffassung von "Natural Horsemanship" weitergibt, also dem gewaltfreien Führen eines Pferdes, das dessen natürlichem Verhalten folgt.
Familienmitglieder, Wegbegleiter/innen und Clinics-Teilnehmer/innen geben Auskunft über einen außergewöhnlich begabten Mann, der es versteht, in kurzer Zeit eine intensive Verbindung zu Pferden aufzubauen und diese gewaltfrei zu überraschenden Verhaltensänderungen zu bewegen. Fotografien, Zeitungsausschnitte und TV-Clips veranschaulichen die tragische Kindheit Brannamans, der wie sein älterer Bruder jahrelang von einem despotischen, alkoholkranken Vater misshandelt wurde. Neben der ruhigen Erzählweise berührt bei Buck der große Respekt vor Menschen und Tieren und die ansteckende Herzenswärme des Protagonisten. Dazu kommen eindrucksvolle Tieraufnahmen, oft auf reizvoll gelegenen Ranches, und ein einfühlsamer
Soundtrack. Eine anschauliche Sequenz schildert zudem, wie Brannaman im Film
Der Pferdeflüsterer (The Horse Whisperer, Robert Redford, USA 1998) als Berater und partiell auch als Redford-Double mit seinem Know-How zentrale Szenen mit Pferden erst ermöglicht hat.
Im Unterricht liegt ein Vergleich des
Dokumentarfilms mit dem Spielfilm
Der Pferdeflüsterer und dem zugrundeliegenden Roman, aber auch mit dem Cowboy-Drama
Brokeback Mountain (Ang Lee, USA 2005) nahe, etwa zu folgenden Fragen: Wie wird der Mythos des Wilden Westens dargestellt? Wie unterscheidet sich die heutige soziale Stellung von Cowboys von der im 19. Jahrhundert? Zudem liefert der Film mit seiner tiefen Humanität Anstöße zum Nachdenken über das eigene Verhältnis zu Tieren, aber auch über eigene Wertvorstellungen und die Art der Lebensführung. Dazu trägt auch die Trainingsmethode Brannamans bei, der über seine Arbeit sagt: "Oft helfe ich nicht Menschen bei Problemen mit ihren Pferden, sondern Pferden bei ihren Problemen mit ihren Menschen." Zu diskutieren ist in diesem Zusammenhang nicht zuletzt die These Brannamans, dass sich ein respektvollerer Umgang mit Pferden auch im Umgang der Pferdebesitzer/innen mit anderen Menschen spiegelt.
Autor/in: Reinhard Kleber, 30.05.2012
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