Nur für wenige Tage wurde 1990 der unterirdische SS-Führerbunker am Potsdamer Platz im Zuge der Munitionsbergung im Bereich der gefallenen Berliner Mauer zugänglich gemacht. Der britische Kameramann Gavin Hodge war der Erste und Einzige, der in dieser Anlage Fundstücke und Wandmalereien filmen konnte. Nach den Dreharbeiten wurde der Bunker wieder verschlossen und mit Erde bedeckt. Das reichhaltige Material ist Teil eines Dokumentarfilms über das Berliner Bunkersystem, den Hodge gemeinsam mit der dffb-Absolventin Martina Reuter produziert hat. Allein diese singulären Bilder machen Bunker – Die letzten Tage zu einem wichtigen zeitgeschichtlichen Dokument. Von den mehr als tausend bombensicheren Schutzanlagen, die von den Nazis in der Zeit zwischen 1935 und 1945 in der damaligen Reichshauptstadt gebaut wurden, sind nur etwa zehn Prozent noch erhalten. Der Film zeigt die Überreste dieses klaustrophobischen Labyrinths und erzählt vom Überlebenskampf der Menschen in diesen Schutzräumen während des Zweiten Weltkriegs. Waltraud Süßmilch, damals eine 15-jährige Schülerin, die Ärztin Gertraude Gerlach und Rochus Misch, Telefonist im Führerbunker, berichten (leider weitgehend aus dem Off) von der beklemmenden Atmosphäre hinter den meterdicken Betonschichten, von einem Leben, das von Todesängsten, akutem Sauerstoffmangel, Hunger und Bewegungsnot geprägt war. Sie erinnern sich auch an die kilometerlangen Tunnel, durch die einige Bunker miteinander verbunden waren. Als die SS nach Kriegsende die Tunnelstrecke flutete, um den Führerbunker zu schützen, kamen hier viele Menschen ums Leben. Amerikanisches und russisches Archivmaterial, Propagandafilmausschnitte und Wochenschaumaterial bilden den Hintergrund für die traumatischen Erzählungen der Zeitzeugen und fügen sich zu einer vielschichtigen und bemerkenswerten Collage. Einzige Schwäche des Films sind die nachinszenierten Fotosequenzen, mit denen die Regisseure Lebenserinnerungen illustrieren. In Anbetracht der Fülle an Originalaufnahmen sind sie überflüssig und stiften nur Verwirrung.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.04.2003