Havanna 1948: In einem Nachtclub lernen sich der begabte Jazzpianist Chico und die temperamentvolle Sängerin Rita kennen und verlieben sich ineinander. Als sie kurze Zeit später einen Talentwettbewerb gewinnen und gemeinsame Auftrittserfolge feiern, wird ein US-amerikanischer Manager vor allem auf Rita aufmerksam. Nach einem Streit mit Chico geht Rita mit dem Amerikaner nach New York, wohin ihr wenig später Chico folgt. In den kommenden Jahrzehnten kreuzen sich die Wege der beiden Liebenden, allerdings jeweils nur für kurze Zeit. Denn sie werden immer wieder voneinander getrennt – durch ihre Erfolge, Eifersucht, Stolz oder sogar Intrigen –, obwohl sich an ihren Gefühlen füreinander nichts ändert.
Angelehnt an die typische Dramaturgie einer lateinamerikanischen Ballade erzählt der
Animationsfilm, der sich an ein älteres jugendliches und erwachsenes Publikum richtet, von dem stetigen Wechselspiel des Sich-Findens und Sich-Wieder-Verlierens. In einer langen
Rückblende lässt der Film Chico auf die fast 50 Jahre umspannende Geschichte seiner Liebe zurückblicken und streift dabei die kulturellen wie gesellschaftspolitischen Entwicklungen und Umbrüche jener Epochen. Inszeniert wurde
Chico & Rita in der Rotoscoping-Technik, bei der Realaufnahmen zu Zeichentrickbildern umgewandelt werden. Unterstrichen von einem schwungvollen
Soundtrack, der den Stil von Jazz-Größen wie Charlie Parker, Dizzy Gillespie und Nat King Cole imitiert, vermittelt der Film ein Gefühl für den Einfluss kubanischer Musiker auf den US-amerikanischen Jazz. Aber auch negative Aspekte kommen zur Sprache wie etwa die Zeit der Rassentrennung in den USA oder die Folgen der kubanischen Revolution im Jahr 1959, durch die letztlich Chicos Karriere nach seiner Rückkehr in seine Heimat zerstört wird, weil seine Musik dort plötzlich als "imperialistisch" gilt.
Während die historischen Hintergründe zu einer Vertiefung im Unterricht einladen, drängen sie sich im Film nie in den Vordergrund. Ebenso wie die detailreich gezeichneten Stadtansichten von Havanna oder New York tragen sie jedoch maßgeblich zum Flair und zur Glaubwürdigkeit des
animierten Films bei und bilden damit den Rahmen für die traurig-schöne und sehr sinnlich erzählte Liebesgeschichte. Inwiefern gerade die Animationstechnik und der
Soundtrack zu der Stimmung des Films beitragen, kann in den Fächern Kunst und Musik analysiert werden. Darüber hinaus bietet sich auch eine Beschäftigung mit kubanischer Musik an.
Autor/in: Stefan Stiletto, 28.08.2012
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