Berlin,1943: Der achtjährige Bruno, Sohn eines Wehrmachtoffiziers, muss nach der Beförderung seines Vaters mit seiner Familie aufs triste Land in Oberostschlesien umziehen. Ohne Spielgefährten entflieht er der Langeweile, indem er verbotenerweise die Umgebung erkundet. Die Neugier führt ihn zu einem Barackenlager, das er zunächst für einen Bauernhof hält. Dort trifft er auf den gleichaltrigen Schmuel, der hinter dem Stacheldrahtzaun lebt und wie die anderen Bewohner/innen gestreifte Kleidung trägt. Die beiden Jungen freunden sich an. Als Schmuels Vater spurlos verschwindet, beschließt Bruno, seinem Freund zu helfen. Er gräbt sich zur anderen Seite durch. Dieses Abenteuer endet für die Jungen tödlich – in der Gaskammer des Konzentrationslagers.
Im Vordergrund steht das Erleben aus der naiven Sicht der kindlichen Protagonisten. Dieser Kunstgriff, das Grauen des Holocaust in einer parabelhaften Form darzustellen, ist in der Literatur- (Imre Kertész:
Roman eines Schicksallosen) und Filmgeschichte (
Das Leben ist schön von Roberto Benigni, Italien 1998) durchaus ein probates Mittel, das in diesem
kammerspielartigen Film aber häufig – und nicht immer glaubhaft – überstrapaziert wird. Im Gegensatz zu der Romanvorlage, wo der Fantasie beim Lesen mehr Freiraum eingeräumt wird, banalisieren die konventionelle Bild- und Tongestaltung sowie die teilweise stereotypen Darstellungen der Personen die Geschichte. Der Alltag des Entsetzlichen wird dadurch jedoch nicht potenziert, sondern eher verflacht vorgeführt.
Der Film bietet sich aufgrund seiner indifferenten Darstellungsform, die für eine ältere Zielgruppe zu kindlich und für eine jüngere nicht verständlich genug ist, nur bedingt als Schwerpunkt einer Unterrichtseinheit an. Es werden weder ausreichende Hintergrundinformationen, noch sensible und verantwortungsvolle Erklärungen (vor allem für das grausame Ende) angeboten. Zudem liefert der Film teilweise falsche Informationen (so etwa, dass sich vor allem Kinder in Konzentrationslagern unbeobachtet bewegen konnten). Insofern eignet sich
Der Junge im gestreiften Pyjama eher als Diskussionsgrundlage dafür, wie das Thema Holocaust auf narrativer und filmischer Ebene adäquat behandelt werden kann. Hier lässt sich auch debattieren, ob es angebracht ist, Brunos Tod zum dramatischen Höhepunkt zu machen, während im Film mittels rauchender Schornsteine ständig die Ermordung Tausender jüdischer Menschen angedeutet wird. Thematisch bieten sich als weitere Schwerpunkte zudem der aufkeimende Vater-Sohn-Konflikt, die innere Wandlung der Mutter und die ungewöhnliche Freundschaft der beiden Jungen an.
Autor/in: Dr. Martin Ganguly, 02.04.2009
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