Die 14-jährige Lola lebt mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater als Trapezkünstlerin in einem russischen Zirkus. Ihre ganze Liebe und Sorge dreht sich um den jungen Braunbären Misha, den der Stiefvater für den Zirkus gekauft hatte. Sie zieht das Tier groß, schmust mit ihm und vertraut ihm alle ihre Geheimnisse an. Nachdem Lolas Mutter die Familie verlassen hat, geht auch Lola ihre eigenen Wege und schließt sich einem Wanderzirkus an. Eines Nachts erwacht sie neben einem jungen Mann, der erklärt, er sei Mischa. Durch Lolas Liebe könne er auf Dauer nach einem Jahr zum Menschen werden, falls er bis dahin niemanden getötet habe. Doch als Lola vergewaltigt wird, bricht der Bär aus seinem Käfig aus, um Lola zu helfen. – Was sich wie ein modernes Märchen und eine sehr eigenwillige Coming-of-Age-Geschichte anhört, ist so wirklichkeitsnah erzählt, als ob es nur die eine Realität gäbe. Bei Luna Papa (von denselben Produzenten) hat eine solche Mischung seinerzeit funktioniert. Hier sorgt sie für Irritation, zumal es lange unklar bleibt, ob es sich um sexuelle Fantasien des jungen Mädchens, vielleicht sogar Sodomie handelt, denn Lola hat sich buchstäblich in den Bären vernarrt und würde wirklich alles für ihn tun. Nun soll der Glaube an Gestaltwandler in der sibirischen Heimat des Regisseurs Sergej Bodrow fest verwurzelt sein. Indem er die Geschichte zur mythischen Begegnung zwischen Ost und West werden und bis nach Deutschland und Spanien hinunter spielen lässt, wohin Lola auf der Flucht vor der Polizei mit dem Bären flüchtet, geht die poetische Ebene des Films aber ganz verloren. Ein nur mäßig überzeugender "Eurobrei"-Film mit einer schrägen Geschichte, die nur durch das intensive Spiel der beiden Hauptdarsteller gewinnt. Einer von ihnen ist der Sohn des Regisseurs, der wenige Monate später bei Dreharbeiten im Kaukasus durch eine Naturkatastrophe tödlich verunglückte.
Autor/in: Holger Twele, 01.12.2003