Kriege, Krisen, Katastrophen: Im New Yorker UN-Gebäude wird über alles diskutiert. In diesem sprachlichen Babylon sorgt die in Afrika geborene Silvia Broome als Dolmetscherin für Ordnung. Die eher zurückgezogen lebende junge Frau hört eines abends unbeabsichtigt die in einem seltenen Dialekt geäußerte Morddrohung gegen einen afrikanischen Potentaten. Als Mitwisserin wird sie zum Ziel der Killer und für die US-Behörden zur möglichen Verdächtigen, denn sie gerät immer mehr ins Zwielicht und verwickelt sich in Widersprüche. Ein pragmatischer und zynischer Bundesagent übernimmt den brisanten Fall und soll sie schützen. Schon von Berufs wegen misstraut er ihr, fühlt sich aber gleichzeitig von ihrer spröden Art angezogen. – In Sydney Pollacks geradezu klassischem Polit-Thriller aus den Korridoren der UN-Macht treffen zwei in ihrer Seele zutiefst beschädigte Menschen aufeinander, die mit der Frage von Vergeltung und Vergebung konfrontiert sind. Sie umkreisen sich, verlieren sukzessive die Angst vor Nähe und gewinnen in Zeiten von allgemeiner Terrorismus-Paranoia ein Stück Vertrauen in den anderen. Obwohl sich die Handlungsfäden und Zuordnungen zusehends verwirren, hält die Hochspannung bis zur letzten Minute an. Akteure/innen wie Nicole Kidman und vor allem Sean Penn als vom Schicksalsschlag gezeichneter Polizist sorgen für Aufmerksamkeit. Der Regie-Altmeister meldet sich hier vehement zurück, auch wenn er etwas dick aufträgt, indem die Dolmetscherin einst auch noch eine Affäre mit einem afrikanischen Rebellenführer hatte. Interessant ist auch der Epilog mit dem Verweis auf einen fiktiven afrikanischen Staat, den ein Tyrann mit harter Hand regiert und in dem Völkermord zum politischen Geschäft gehört. Parallelen zu Zimbabwe drängen sich auf. Die Dolmetscherin ist übrigens der erste Spielfilm, der im Hauptsitz der UN gedreht werden durfte.
Autor/in: Margret Köhler, 01.04.2005