Sind die Deutschen Jammerlappen oder finden sie Erfüllung im Dauernörgeln? Neigen sie gar zu Schwermut und Depression? Solche Fragen stellt sich der 1971 geborene Regisseur Konstantin Faigle in seinem zweiten langen Dokumentarfilm und startet von Köln aus zu einer kuriosen Reise quer durch Deutschland, immer auf der Suche nach der "schweren, deutschen Seele" und nach möglichen Ursachen und Chancen, ihr auf die Sprünge zu helfen. Als werdender Vater will er zudem nicht, dass seine Tochter in ein kollektiv depressiv verstimmtes Land hineingeboren wird. Unterwegs trifft er etliche prominente und weniger prominente Zeitgenossen/innen wie seinen Vater, Alice Schwarzer und den Rhetorikprofessor Walter Jens. – Mit der konsequent subjektiven Erzählperspektive seines eigenwilligen Filmessays knüpft Faigle an seinen Doku-Erstling Out of Edeka an, das skurrile Porträt seines schwäbischen Elternhauses. Mit der Entschlossenheit, diesmal auch sich selbst nicht so ernst zu nehmen, betreibt er soziale Feldstudien sowohl in der Großstadt als auch in der Provinz. In ähnlicher Weise wie Thomas Frickel in der Mockumentary Goethe Light (2002) gewinnt er gerade in der Provinz so manche Einsicht in die mentale Verfasstheit der Bundesbürger/innen. Kräftig daneben greift Faigle jedoch im Osten: Als er mit dem Plakat "Deutsche, hört auf zu jammern!" auf einer Leipziger Demonstration provoziert, kommt er mit den Protestierenden ins Gespräch, verkennt dabei aber eklatant das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit in der ehemaligen DDR. Abgesehen von einigen Längen und überzogenen Puppentrickszenen hangelt sich Faigle in seinem Sammlerfleiß auch sonst etwas zu oft an Klischees entlang.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.09.2005