Er ist fast 80 und noch kein bisschen weise: Der pensionierte tschechische Theaterschauspieler Fanda möchte sein Leben bis zum letzten Atemzug genießen. Mit seinem alten Bühnenkollegen Ed probt er jeden Tag neue fantastische Rollen: Mal tritt er als steinreicher US-Opernstar auf und lässt sich von Immobilienmaklern verwöhnen, mal spielt er mit Ed in der U-Bahn Fahrkartenkontrolleur, der bei schönen jungen Frauen für einen Kuss ein Auge zudrückt. Während Fandas Frau bereits für das Begräbnis ihres Mannes spart und Sohn Jára die Eltern ins Altersheim abschieben möchte, ignoriert Fanda souverän alle Alters- und Alltagssorgen. Als aber Emilie nach einem bösen Streich entnervt die Scheidung einreicht und Ed schwer erkrankt, wird Fantas Optimismus auf eine harte Probe gestellt. – Der erfahrene Autor Jiri Hubac schrieb die Hauptrolle dem renommierten tschechischen Mimen Vlastimil Brodský, der hierzulande vor allem durch die Titelrolle in Frank Beyers preisgekröntem KZ-Drama Jakob der Lügner (1975) auf sich aufmerksam machte, quasi auf den Leib. Kurz nach dem erfolgreichen Filmstart nahm sich der 81-Jährige, der in den 1960er Jahren zu den führenden Darstellern der tschechischen Nouvelle Vague zählte, das Leben; Frühling im Herbst ist insofern sein filmisches Vermächtnis. Die warmherzige, bitter-süße Burleske ermahnt uns, auch angesichts des nahenden Todes nicht aufzugeben und das Leben bis zum Schluss so gut wie möglich zu genießen. In der Tradition der Schwejkschen Schelmenstücke verankert, gelingt es dem Film souverän, die Balance zwischen Komik und Ernst, Heiterkeit und Melancholie, Lebensmut und Verzweiflung zu halten, eine sympathische Brücke zwischen den Generationen zu schlagen und um Verständnis für ein gewisses Maß an Frohsinn auch im Alter zu werben. Weltweit kommt diese Botschaft offenbar gut an: Die bedächtig erzählte schwarze Komödie gewann auf etlichen Festivals Publikumspreise und im Jahr 2001 gleich vier tschechische Löwen sowie eine Nominierung als Bester Europäischer Film beim Europäischen Filmpreis.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.01.2004