New York zu Beginn der 1860er Jahre: Lower Manhattan wird mit eiserner Faust von dem Bandenchef Bill the Butcher kontrolliert, der seine Fleischerkünste gerne auch bei seinen Widersachern demonstriert. Und solche gibt es genug, denn Scharen von irischen Einwanderern und ehemaligen schwarzen Sklaven strömen in die boomende Stadt und werden von den "Eingeborenen" sehr argwöhnisch beobachtet. Beide Gruppen liefern sich um die Vorherrschaft blutige Straßenkämpfe, bei denen der charismatische Vater des kleinen William Amsterdam zu Tode kommt. Jahre später will dieser die Ermordung seines Vaters rächen und schließt sich der Gang des Butchers an, um so das Vertrauen des Mörders zu gewinnen. Unterdessen versinkt die Stadt immer mehr im Chaos. – Aus heutiger Sicht scheint es wenig schmeichelhaft, dass sich die Weltstadt New York vor etwa 150 Jahren aus einem Haufen korrupter Politiker, Polizisten und mit Terrormethoden arbeitender, rivalisierender Gangs entwickelt hat. Erst nach dem massiven Eingreifen einer aus vielen Zwangsrekrutierten zusammengesetzten Armee, die zuvor die eigene Bevölkerung bombardiert hatte, konnten sich dort demokratische Strukturen entwickeln. Diese Treue zum historischen Detail mag ein Grund dafür sein, dass Martin Scorseses opulentem Sittengemälde und filmischem Meisterwerk in den USA nicht der ganz große Erfolg beschieden war. Sein bereits wegen der langwierigen Produktion in die Schlagzeilen geratener actionreicher Film ist in puncto Ausstattung, Inszenierung, Kameraführung und Bildgestaltung erste Wahl und besonders Daniel Day-Lewis in der Rolle des Bösewichts unübertroffen. Ein patriotisch wirkendes Werk, das gleichwohl den Traum des freien Amerika relativiert und zum kritischen Nachdenken darüber anregt, ob der Demokratie mitunter wirklich nur mit Waffengewalt nachgeholfen werden kann.
Autor/in: Holger Twele, 01.02.2003