Der pensionierte, arme Fabrikarbeiter Zhao hat nicht viel Glück mit den Frauen. Daher gaukelt er ihnen vor, ein reicher Mann zu sein. Seine neue Flamme, eine wesentlich jüngere Frau mit ausgeprägten Rundungen und einem ebenbürtigen Sohn, hat es tatsächlich nur auf sein Geld abgesehen. Da er sich bei ihr als Hotelmanager ausgibt, wittert die Angebetete ihre Chance, die ungeliebte blinde Stieftochter Wu loszuwerden, die ihrer Heirat mit einem wirklich reichen Mann im Wege steht. Zhao soll ihr einen Job im Hotel besorgen. Damit seine Hochstapelei nicht auffliegt, richten er und seine Freunde für Wu in einer verlassenen Fabrikhalle ein Massagestudio ein und sind auch die einzigen Kunden. Das Mädchen ist zunächst überglücklich, doch bald merkt sie, dass alles nicht mit rechten Dingen zugehen kann. – Der vor allem durch seine opulenten Geschichten aus ländlichen Regionen bekannte und vielfach preisgekrönte chinesische Filmemacher Zhang Yimou hat mit seiner anrührenden Tragikomödie Happy Times zum zweiten Mal einen Spielfilm in der modernen Großstadt ansiedelt. Sein Film möchte vor allem unsere Sinne und unsere Gefühle ansprechen, uns das "richtige" Sehen lehren. So wie Zhao seine Blindheit gegenüber der Realität überwinden muss und von Wu als physiologisch Erblindeter erst lernt, die Umwelt mit anderen Sinnen sehr sensibel wahrzunehmen. Mit dem Portrait eines starken Mädchens, das trotz aller äußeren Widrigkeiten unbeirrbar den eigenen Weg geht, führt Zhang Yimou auch das Thema seines vorangegangenen Films Keiner weniger fort und ergänzt es um das Motiv eines alten Mannes, der wieder zum Kind wird. Eine einfache, sehr menschliche Geschichte voller Humor und emotionaler Tiefe.
Autor/in: Holger Twele, 01.12.2002