Im Washington des Jahres 2054 gibt es keine Morde mehr, denn die Mörder werden gefasst, kurz bevor sie ihr Verbrechen begehen können. Dank einiger mutierter Menschen mit der Fähigkeit, in die Zukunft zu sehen, ist eine Eliteeinheit der Polizei immer gerade rechtzeitig am Tatort, um die potenziellen Mörder zu stellen. Das System Pre-Crime funktioniert perfekt, bis der privat gebeutelte Chef der Einsatztruppe in einer Vision sich selbst als Mörder sieht. Ihm bleiben nur 36 Stunden, um seine Unschuld zu beweisen. – Der von Steven Spielberg mit viel technischem und inszenatorischem Aufwand gedrehte Science-Fiction-Thriller nach einer Kurzgeschichte des legendären SF-Autors Philip K. Dick (ihm ist auch die Vorlage zu Blade Runner zu verdanken) entwirft die bestechende Vision eines sich human gebenden Staates, in dem die Menschen keine Angst mehr vor einem Verbrechen haben müssen, es sei denn, sie wollen es selbst begehen. In einem komplizierten Handlungsgeflecht, das dem Zuschauer bei einer Filmlänge von fast zweieinhalb Stunden einige Aufmerksamkeit abverlangt, setzt sich Spielberg sehr differenziert mit grundsätzlichen Fragestellungen von Recht und Gerechtigkeit auseinander. Ob man für einen guten Zweck selbst inhumane Mittel einsetzen und buchstäblich über Leichen gehen darf und jemanden hart bestrafen kann, der noch gar keine erwiesene Straftat begangen hat, gewinnt in der gegenwärtigen weltpolitischen Situation eine zusätzliche Bedeutung, die von Spielberg möglicherweise gar nicht intendiert war. Seine humanistische Botschaft aber ist eindeutig und sein actionreicher Film bleibt bis zum Schluss spannend und faszinierend.
Autor/in: Holger Twele, 01.10.2002