Während des Bosnien-Krieges 1993 stehen sich ein bosnischer und ein serbischer Soldat im Niemandsland eines Schützengrabens an der Front plötzlich gegenüber. Ein zunächst für tot gehaltener, zweiter bosnischer Soldat liegt handlungsunfähig am Boden, nachdem sich eine Sprengbombe unter seinem Körper nicht mehr entschärfen lässt. Entgegen den strikten Anweisungen seiner Vorgesetzten versucht ein Offizier der UN-Schutztruppe den Männern in ihrer ausweglosen Situation zu helfen und findet dabei zunächst Unterstützung bei den Medien. So schaut die Welt zu, wie die verfeindeten Soldaten dem Wahnsinn des Kriegs zu entkommen und ihr Leben zu retten suchen. – Der bosnische Regisseur Danis Tanovic war bereits durch mehrere Dokumentarfilme aufgefallen, bevor er mit seinem als europäische Koproduktion zwischen vier Ländern gedrehten Debütspielfilm 2002 den Oscar für den besten ausländischen Film erhielt. Sein kleines Stück Niemandsland mitten in der Prärie wirkt wie eine Weltbühne, auf der er kammerspielartig den bosnischen Krieg unter Mitwirkung aller beteiligten Gruppierungen in seiner Struktur offenlegt, was sich verallgemeinerbar auch als Parabel auf die Absurdität des Krieges an sich interpretieren lässt. Gleichwohl bleibt Tanovic dicht an den historischen Ereignissen, entlarvt die fadenscheinigen Begründungen der Kriegsgegner als Selbstbetrug und billige Rechtfertigung, beleuchtet kritisch die wenig ruhmreiche Rolle der Medien, der UNPROFOR-Schutztruppen und der Weltöffentlichkeit in diesem Konflikt und vermittelt das Dilemma der unmittelbar Betroffenen zwischen Menschlichkeit, Überlebenskampf und politischem Kalkül. Bedauerlich allerdings, dass dieser sehenswerte Film reichlich spät in die Kinos kommt, zu einer Zeit, da sich die Öffentlichkeit ganz anderen "Kriegsschauplätzen" zuwendet.
Autor/in: Holger Twele, 01.02.2003