Gemeinsam mit dem Journalisten Martin Sixsmith begibt sich die 70-jährige Philomena Lee auf die Suche nach ihrem Sohn Anthony, den sie als unverheiratete Frau 1952 in einem irischen Kloster zur Welt bringen musste. Als Anthony drei Jahre alt war, wurde Philomena gezwungen, den Jungen zur Adoption freizugeben. Seine Existenz hatte Philomena aus Scham seitdem über 50 Jahre lang verschwiegen. Obwohl bei einem Brand alle Unterlagen des Klosters vernichtet wurden, gelingt es Philomena und Sixsmith die Spur ihres Sohnes in die USA zu verfolgen. Dabei kommen sie einem Skandal auf die Spur.
Der Film erzählt Philomena Lees Geschichte, basierend auf Martin Sixsmith Buch
The Lost Child of Philomena Lee.
Philomena rekapituliert die Geschehnisse in klar
komponierten Bildern,
Rückblenden und einer ausgewogenen Balance zwischen Tragik und Komik. Mit seinem Film wirft Regisseur Stephen Frears die Frage nach der ethischen Rechtmäßigkeit des Verhaltens der verantwortlichen Klosterleitung und der Haltung der katholischen Kirche in den 1950er-Jahren insgesamt auf, bezieht aber selbst nicht Stellung. So amüsant wie die religiöse Philomena und der atheistische Reporter über Religion und Moral debattieren, finden gegensätzliche Anschauungen ausgewogen Raum. Durch ihr authentisches Spiel verleiht Judi Dench der Figur der Protagonistin eine große emotionale Tiefe. Anhaltender Schmerz und Schuldgefühle spiegeln sich ausdrucksstark in ihrem Gesicht, das die Kamera oft in
Großaufnahmen zeigt.
Die in den 1950er-Jahren im irischen Kloster Roscrea ausgeübte Praxis der Zwangsadoption bietet Anlass, moralische und religiöse Fragen zu diskutieren: Warum wurde außereheliche Sexualität als "Sünde" verstanden? Wie war es möglich, dass gläubige Christen derartig mitleidslos handelten? Aus welchen Gründen vertrauen Menschen stärker in ihren Glauben als in ihre Vernunft? Da der Film auf die historischen Hintergründe nicht ausführlich eingeht, empfiehlt es sich, diese durch Begleitmaterialien im Unterricht zu vertiefen. Der Film
Die unbarmherzigen Schwestern (The Magdalene Sisters, Peter Mullan, Schottland, Irland 2002) könnte herangezogen werden, um einen zusätzlichen Einblick in die Sexualmoral im Irland der1950er-Jahre zu vermitteln.
Autor/in: Kirsten Liese, 11.02.2014
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