Der 19-jährige Migrantensohn Sascha muss an mehreren Fronten kämpfen: Er ist heimlich verliebt in seinen smarten Klavierlehrer Gerhard, seine asiatische Freundin Jiao schmachtet ihn vergeblich an, und seine Mutter Stanka erwartet, dass Sascha Karriere als Konzertpianist macht. Der homophobe Vater Vlado, der in Köln eine Kneipe betreibt, bereitet dagegen die Heimkehr der Familie nach Montenegro vor. Als der Klavierlehrer eine Professur in Wien annimmt und die Aufnahmeprüfung für die Musikhochschule näher rückt, wird Sascha klar, dass er zu sich und seinen eigenen Träumen stehen muss.
Als Sohn einer tschechischen Mutter und eines montenegrinischen Vaters verarbeitete der in Ellwangen geborene Regisseur Denis Todorovic in seinem Film
Sascha eigene Erfahrungen. Seine präzise Zeichnung des Migrantenmilieus und der Mentalitäten von Menschen, die zwischen den Kulturen stehen, sorgt für hohe Authentizität. Scheinbar beiläufig nimmt Todorovic zugleich die Ressentiments vieler Balkan-Einwanderer/innen gegen Homosexuelle aufs Korn, etwa wenn Saschas Onkel Pero sich wundert, dass sich in Köln junge Männer auf der Straße küssen. Dank der beschwingten
Musik und der
Panoramaaufnahmen über den Dächern Kölns wirkt die ironisch gewürzte Kombination aus Schwulenkomödie,
Coming-of-Age-Geschichte und Migrantendrama geradezu leichtfüßig, ohne dabei an inhaltlicher Tiefe zu verlieren.
Der Debütfilm bietet in Gemeinschaftskunde viele Anknüpfungspunkte für die Analyse der kulturellen Auseinandersetzungen, die Migranten/innen in Deutschland bewältigen müssen. Die unterschiedlichen Integrationsfortschritte der Familienmitglieder zeigen auf, wie hindernisreich und aufreibend dieser Prozess sein kann. Ohne erhobenen Zeigefinger verdeutlicht Todorovic zudem die Schwierigkeiten eines schwulen Coming-outs, besonders in einem Milieu, das Homosexualität ablehnt. In den Fächern Musik liefert der Film Anstöße für eine kritische Diskussion des Karrieredenkens: Nicht jede/r begabte Musiker/in muss sein/ihr Lebensglück als Konzertpianist/in finden.
Autor/in: Reinhard Kleber, 23.03.2011
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