Thomas hat eine unheilbare Bluter-Krankheit. Nach einem schweren Rückfall, der ihn für längere Zeit ins Krankenhaus bringt, bittet er seinen jüngeren Bruder Luc erfolgreich um Beistand. Die beiden sehr verschiedenen Brüder hatten längere Zeit keinen Kontakt mehr und konnten sich bisher auch nicht besonders leiden. Durch die gemeinsame Zeit miteinander entdecken sie jedoch ihre verlorene Zuneigung füreinander wieder. Als Thomas den mühseligen Kampf gegen seine Krankheit aufgibt und sich zum Sterben in das Haus am Meer zurückzieht, in dem die Brüder ihre Kindheit verbrachten, ist Luc sein einziger Begleiter. – Regisseur Patrice Chéreau nähert sich dem Thema und seinen beiden Protagonisten mit nüchternem, geradezu wissenschaftlichem Blick. Hautnah zeigt er den sterilen, von Krankheit und Leid geprägten Krankenhaus-Alltag genauso wie die wachsende Liebe der Brüder zueinander und deren konfliktbeladene Beziehungen zu ihren Eltern und Lebenspartnern. Diese befinden sich angesichts der hoffnungslosen Lage von Thomas in einer Art Ausnahmezustand. Chéreau ist offensichtlich nicht daran interessiert, den Zuschauer emotional in die traurige und gleichzeitig schöne Geschichte zu involvieren oder diese zu verklären, sondern möchte eine möglichst wahrhaftige Bestandsaufnahme dieser besonderen Situation liefern. Das Ergebnis ist faszinierend und wegen der schonungslosen und sinnlichen Darstellung verfallender Körper und menschlicher Fehlbarkeit abstoßend zugleich.
Autor/in: Stefanie Zobl, 01.11.2003