Vor 20 Jahren verschwand Kevin Flynn, der das Computerspiel
Tron erfunden hat, spurlos. Sein mittlerweile erwachsener Sohn Sam leidet noch immer unter dem Verlust. Als ein Freund seines Vaters ihm mitteilt, er habe von dem Verschollenen eine Nachricht erhalten, begibt sich Sam in das alte Büro seines Vaters. Während er den väterlichen Computer untersucht, wird Sam in das sogenannte Raster teleportiert. Dieses virtuelle Paralleluniversum ist von menschenähnlichen Programmen bevölkert, die sein Vater einst maßgeblich mitentwickelt hat. Und hier wird auch der gealterte Kevin Flynn von seinen eigenen digitalen Schöpfungen, den künstlichen Intelligenzen, festgehalten.
1982 legte Steven Lisberger mit
Tron (USA) einen Science-Fiction-Film vor, der durch die
Spezialeffekte und die Vision einer eigenständigen, von der Computerspielkultur inspirierten virtuellen Welt für Aufsehen sorgte. Mittlerweile sind Kommunikation via Internet und virtuelle Identitäten längst Facetten unseres Alltags. In
Tron: Legacy gerät die Datenwelt nun im Gegensatz zur neonbunten Vision der frühen 1980er-Jahre zu einer düsteren High-Tech-Dystopie, die von einer kühlen
Farbgebung bestimmt wird und durch die 3D-Technik an räumlicher Tiefe gewinnt. Der elektronische
Score des französischen Musiker-Duos
Daft Punk greift neben treibenden Beats oft Samples von technischen Störgeräuschen auf. Durch die Videoclipästhetik wirkt es zuweilen, als ob die Bilder sich mehr an der Filmmusik orientieren als umgekehrt.
Der größte Schwachpunkt des Films ist ein Überbleibsel aus dem Vorgänger: Die Computerprogramme agieren menschlich und widersprechen damit der digitalen Logik. Aktuell und diskussionswürdig ist jedoch, wie eine künstliche Informationswelt dennoch das reale Leben beeinflussen kann. Diese Verflechtung zeigt sich gerade in der Bedrohung durch Computerschadprogramme wie
Stuxnet, beginnt aber bereits bei der alltäglichen Nutzung des Internets. Über solche technologischen Parallelen hinaus ist
Tron: Legacy vor allem ein actionreiches Spektakel. Gerade das hochartifizielle
Szenenbild lädt zu einer Auseinandersetzung mit Design und Mode ein. In Deutsch oder Kunst finden sich zudem Anknüpfungspunkte für eine Beschäftigung mit Computerspiel- und Videoclipästhetiken. Wie zeitgemäß der Film diesbezüglich ist, wird beim direkten Vergleich mit dem
Tron-Erstling deutlich: Wirkt dieser heute wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten, erscheint das Sequel nun wie ein Blick in die Zukunft.
Autor/in: Stefan Stiletto, 25.01.2011
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