Als Johnny Cash am 12. September 2003, ein Jahr nach dem Tod seiner Frau June Carter Cash, starb, betrauerte ihn die ganze Nation. Seine Karriere war legendär: Ein schüchterner Newcomer aus einfachsten Verhältnissen, der sich mit seinen Songs in die Charts spielte, aus einer persönlichen Hölle von Alkohol- und Drogensucht schließlich geläutert hervorging und zudem noch seiner großen Liebe das Ja-Wort abgerungen hatte. Zwei Jahre nach dem Tod des "Man in Black" präsentiert Regisseur James Mangold ein filmisches Memorial, das sich auf die wilden Jahre Cashs und seine wachsende Leidenschaft für die Sängerin June Carter, seine spätere Ehefrau, konzentriert.
Den Ausgangs-, End und unumstrittenen Höhepunkt der episodisch gestrickten, dramaturgisch etwas überfrachteten Lebensgeschichte stellt Johnny Cashs mitreißendes Gefängniskonzert 1968 in Folsom dar, mit dem er erfolgreich seiner angeknacksten Karriere auf die Beine half. Seine späteren Lebensphasen und damit auch seine Bedeutung für die Musikszene werden jedoch weit gehend ausgeblendet. Wenn auch mögliche Erwartungen an ein abgerundetes Gesamtporträt des legendären Musikers enttäuscht werden – der Film macht dies durch die bravouröse Leinwandpräsenz von Reese Witherspoon und Joaquin Phoenix mehr als wett. Beide überzeugen zudem mit beachtlichem Gesangstalent, denn Witherspoon und Phoenix interpretierten alle Lieder im Film selbst. Das klingt zwar ein wenig anders als im Original, wirkt aber echter und spontaner als einstudierte Gesten zum Playback. Folglich gehören die Live-Auftritte zu den Höhepunkten des Films. Eindrucksvoll reflektiert
Walk The Line zugleich eine ungewöhnliche Musikerkarriere mit all ihren individuellen Problemen, sozialen Konflikten und moralischen Widerständen im Amerika der 1950er- und 60er-Jahre.
Cash, Johnny: Cash. Die Autobiografie, Palmyra Verlag 1999
Autor/in: Ula Brunner, 19.10.2006